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Schwimmen lernen im Burkini. Darüber ist eine Debatte entbrannt.

© Rolf Haid/picture-alliance/ dpa

Leserkommentar: Wir müssen Differenzen akzeptieren – also auch Burkinis!

Burkinis sind keine Unterwerfung, meint unser Leser in seiner Erwiderung. Geflüchteten autoritär-pädagogisch zu begegnen, widerspricht dem Gedanken des Asylrechts.

Leserin Barbara Schaeffer-Hegel empört sich darüber, dass Mädchen im Schwimmbad Burkinis tragen. Es ist nicht mit ihrem Verständnis weiblicher Freiheit und der hier herrschenden Regeln vereinbar. Aber nicht nur das: sie fordert einen strengen Umgang mit Flüchtlingen und stellt sich einer „windelweichen Laissez-faire Politik“ entgegen, die nur ins Unglück führe. Die Fremden, die das Privileg genießen, hier leben zu dürfen, sollten erst einmal unsere Regeln und sozialen Normen lernen, und dies unter Androhung von Sanktionen.

Dass Menschen, egal ob Deutsche oder nicht, die hier herrschenden Gesetze, einschließlich der Sozialgesetzgebung, befolgen müssen, sollte eigentlich eine Banalität sein. Allerdings ist das Recht auf Asyl kein Privileg: Es ist eben ein Recht auf Schutz vor Verfolgung und Krieg. Die Menschen, die hierher fliehen mussten, weil sie in Syrien für Demokratie und Freiheit kämpften, verdienen keinen Gnadenakt des Zugangs zu Deutschland, sie verdienen unsere Solidarität als Demokraten, ebenso wie beispielsweise afghanische Frauen, die hier ihre Freiheit suchen.

Ein Zusammenleben auf Basis von Respekt und Freundschaft

Das funktioniert nicht, wenn wir ihnen autoritär-pädagogisch begegnen und meinen, sie erst einmal erziehen zu müssen. Auch ich spreche da übrigens aus Erfahrung: Seit ich im Herbst 2015 unzählige Nächte vor dem LAGeSo verbrachte, unterstützte ich Geflüchtete in vielerlei Hinsicht. Dabei ergaben sich Freundschaften auf Augenhöhe, geprägt von Vertrauen und Respekt.

Auf meiner Hochzeit tanzten die Kopftuch tragenden Mütter der von uns unterstützten Familien genauso wie ihre Töchter ohne Kopftuch zu deutscher Popmusik. Nach einer heftigen Diskussion über die Legitimität von satirischer Religionskritik mit meiner streng gläubigen afghanischen Freundin meinte diese: Auch, wenn wir nicht einer Meinung sind, wir bleiben immer Freunde.

So kann Integration ohne Parallelgesellschaften funktionieren: wenn wir Differenzen akzeptieren, und dennoch Freunde sein können. Bei allen Problemen, die es in der Tat gibt und von denen vermutlich alle, die etwas mit Geflüchteten zu tun haben berichten können: Noch habe ich nicht die Hoffnung aufgegeben, dass ein Zusammenleben auf der Basis von Respekt und Freundschaft funktionieren kann, und nicht auf der Basis von Sanktionsandrohungen gegenüber jenen, die nicht die sozialen Normen einer emeritierten Professorin teilen.

Der Autor ist Professor für Moderne Europäische Geschichte an der University of Warwick.

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