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Gesundheit oder doch lieber Forschung? Karl Lauterbach (SPD) würde gerne Minister werden.

© Kay Nietfeld/dpa

Lauterbach zur Regierungsbildung: „Natürlich würde ich ein Ministeramt nicht ablehnen“

Der Gesundheitsexperte Lauterbach kann sich auch vorstellen, Forschungsminister zu werden. Und er wäre bereit, für eine Ampel die Bürgerversicherung zu opfern.

Der SPD-Politiker und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kann sich auch vorstellen, in einer künftigen Regierung Bildungs- und Forschungsminister zu werden. „Natürlich würde ich ein Ministeramt nicht ablehnen in Bereichen, in denen ich mich gut auskenne“, sagte Lauterbach Tagesspiegel.

Das sei zum einen die Gesundheitspolitik, zum anderen der Bereich Bildung, Wissenschaft und Forschung. Gleichzeitig stellte er für die anstehenden Sondierungen der Sozialdemokraten mit Grünen und FDP auch die seit langem geforderte Bürgerversicherung zur Disposition. „Unverhandelbar ist zum jetzigen Zeitpunkt gar nichts“, sagte der Experte. Man dürfe „die Sondierungen nicht mit roten Linien belasten“.

Die Chancen für eine Einigung auf ein Ampelbündnis seien „umso höher, wenn jeder dem anderen Raum für seine eigenen Stärken lässt und wenn man sich gegenseitig Respekt zollt“, so Lauterbach. „Im Gesundheitsbereich sollte man jetzt nicht sagen, dass es eine Bürgerversicherung geben muss. Und auch nicht darauf beharren, dass es ein kapitalgedecktes System gibt. Man sollte abwarten, ob wir uns verständigen, etwas zusammen wagen zu wollen.“ Die Liberalen sind Gegner der Idee einer solidarisch von allen zu finanzierenden Bürgerversicherung, die auch von den Grünen gefordert wird. Sie wünschen sich den Erhalt des bisherigen Doppelsystems aus gesetzlich und privater Krankenversicherung.

Ein Riesenproblem: fehlende Mediziner

Was den Posten des Gesundheitsministers betrifft, sagte Lauterbach: „Ich wäre nicht erschrocken und würde es mir zutrauen. Aber mein Leben geht auch weiter, wenn ich nicht Minister werde.“ Für ihn habe „nie das Amt im Vordergrund“ gestanden habe, „sondern immer der Wunsch, gute Arbeit machen zu können“.

Der Experte betonte, dass im Gesundheitsministerium unter dem bisherigen Ressortchef Jens Spahn (CDU) „viele Dinge liegengeblieben“ seien. Es sei nun „dafür zu sorgen, dass das System wieder ausreichend finanziert ist“. Die Pflege müsse anders finanziert werden, das Fallpauschalensystem in Krankenhäusern sei zu modifizieren. „Und wir haben ein Riesenproblem, über das bisher kaum gesprochen wird: In ein paar Jahren gehen uns nicht nur die Pflegekräfte, sondern auch die Ärzte aus.“

Jeder dritte will den SPD-Experten als Minister

Das sei besonders besorgniserregend, weil es ausgerechnet zu einem Zeitpunkt geschehe, „wo so viele Menschen wie noch nie, nämlich die aus der Babyboomer-Generation, zu versorgen“ seien. „Hier müssen wir dringend und sehr schnell gegensteuern“, forderte Lauterbach. Konkret verlangte er, in der kommenden Legislatur „mindestens 5000 zusätzliche Medizinstudienplätze pro Jahr zu schaffen“. Zudem müsse man „dem Nachwuchsproblem in der Pflege durch attraktivere Arbeitsbedingungen begegnen“.

Lauterbach, der bereits seit 16 Jahren im Bundestag sitzt und als einer der erfolgreichsten Direktkandidaten der SPD nun erneut mit fast 46 Prozent bestätigt wurde, hat in der Coronakrise durch seine Expertise stark an Popularität gewonnen.

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für den „Business Insider“ zufolge wünschen sich 45 Prozent der Deutschen einen SPD-Gesundheitsminister – womit nur der umtriebige Professor gemeint sein kann. Und laut einer weiteren Befragung des Instituts Insa für die Bild-Zeitung sähen ihn 30 Prozent gerne als Teil der Bundesregierung. Auf solche Werte kommt derzeit kein anderer Sozialdemokrat.

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