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CDU-Chef und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am 1. Mai in Düsseldorf

© dpa/Oliver Berg

Laschets Maaßen-Problem: Am Ende der Ära Merkel driftet die CDU auseinander

Umfragen im Keller, Differenzen mit der Basis in Thüringen. Das Comeback des Ex-Verfassungsschutzchefs Maaßen zeigt auch Autoritätsprobleme des CDU-Chefs.

Die Momentaufnahme wird für die Union immer länger. Anfangs war die erste Umfrage, die die Union nur noch bei 21 Prozent als Zahlenwürfelei, als demoskopisch fragwürdige Momentaufnahme nach dem Machtkampf um die Kanzlerkandidatur abgetan worden. Doch auch weitere Umfragen sehen die Union nur noch bei 22 bis 24 Prozent, die Grünen aktuell stabil bei 25 bis 28 Prozent.

Die innere Zerrissenheit gerade an der CDU-Basis bei der Frage der Kanzlerkandidatur zwischen Armin Laschet und Markus Söder setzt sich nun fort, bei der Nominierung des stramm konservativen früheren Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen als Bundestagskandidat im Wahlkreis 196 in Südthüringen, dem viele in der CDU eine zu starke AfD-Nähe unterstellen.

Dies führt auch schon zu weiteren Austritten, zum Beispiel vom früheren Berliner CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer und reihenweise zu Distanzierungen, bis hin zum Arbeitnehmerflügel CDA. Der CDU-Europa-Abgeordnete für das Ruhrgebiet, Dennis Radtke, hatte bereits vor einem Richtungskampf gewarnt. Noch immer hat die Partei kein Programm für die Bundestagswahl.

Die CDU müsse sich entscheiden, ob sie in der Mitte den Kampf mit den Grünen um Merkel-Wähler führen wolle, oder wolle die CDU einer „Teapartysierung nachgeben und Illusionstheater aufführen, mit dem Stück, wir bringen die Partei dahin zurück, wo sie in Wahrheit nie war“, schrieb Radtke jüngst gefrustet bei Twitter.

Die CDU in Südthüringen hatte vor allem Sorge, nach der Masken- und Korruptionsaffäre ihres bisherigen Abgeordneten Mark Hauptmann den Wahlkreis zu verlieren, daher wurde der Mönchengladbacher Maaßen angesprochen, der verspricht, sich hier eine Zweitwohnung zu nehmen. Doch ein Einzug in den Bundestag ist nicht ausgemacht.

AfD und SPD setzen heimatverbundene Kandidaten dagegen

Die AfD schickt den Diplomingenieur und Fraktionschef im Kreistag von Sonneberg, Jürgen Treutler, ins Rennen. „Ich wohne und lebe in der Region des Wahlkreises in Sonneberg und verbinde Heimatliebe mit wirtschaftlichem Sachverstand“, teilt er auf Tagesspiegel-Anfrage mit. „Meine Verbundenheit zur Basis will ich in den Bundestag tragen.“

Die SPD hat den Biathlon-Olympiasieger von 1980 und neunfachen Weltmeister Frank Ullrich nominiert, der ebenfalls in der Region verwurzelt ist und schon bei der letzten Landtagswahl nur knapp gegen die AfD ein Direktmandat verpasste. „Ich finde es schade, dass es die CDU nicht schafft, einen einheimischen Kandidaten aufzustellen“, sagte er dem „Vorwärts“.

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Werner Henning, CDU-Landrat im thüringischen Eichsfeld, der wegen der Werteunion mit ihrem Zugpferd Maaßen schon über einen Parteiaustritt nachgedacht hatte, zeigt sich in einem Schreiben an die Südthüringer Parteifreunde nach Angaben der „Thüringer Allgemeinen“ traurig und kritisiert die Delegierten als Fangemeinde eines abgedrifteten Mannes, von der er nicht wisse, „wer sie noch ist, wohin sie treibt und was sie will.“

Die Mitte? Einige in der CDU zweifeln daran bei Hans-Georg Maaßen.
Die Mitte? Einige in der CDU zweifeln daran bei Hans-Georg Maaßen.

© dpa/Michael Reichel

Söder hätte so eine Kandidatur wohl verhindern können

Armin Laschet ist CDU-Chef geworden und konnte sich gegen CSU-Chef Markus Söder bei der Kanzlerkandidatur durchsetzen, weil er als Integrierer nach innen gilt, als Zusammenführer der bei der CDU immer stärker schlagenden Flügel. Früher gelang es Helmut Kohl zum Beispiel die sogenannte Stahlhelm-Fraktion, den nationalkonservativen Flügel um den langjährigen Fraktionschef Alfred Dregger, einzubinden.

Heute gibt es aber eine AfD rechts der Union. Und wo ein Markus Söder kraft seiner Stellung in der CSU in einem kurzen Anruf eine solche Kandidatur wie die von Maaßen wohl verhindert hätte, musste Laschet die Sache in Thüringen laufen lassen. Allerdings hat Söder auch nur einen Landesverband, Laschet 15 - und Durchregieren von oben funktioniert in der CDU selten.

Jedoch zeigte schon der Streit um die Kanzlerkandidatur Risse zwischen Führung und Basis, die Fliehkräfte nehmen zu. Wie bei seiner Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer wird das Verhalten in ostdeutschen Landesverbänden zum Lakmustest, ob die Brandmauer zur AfD wirklich hält.

Laschets Umfeld erklärt sein Schweigen zu der Personalie Maaßen damit, dass er ja auch die Aufstellung hunderter anderer Kandidaten für die Bundestagswahl nicht kommentiere. Söder dagegen hatte explizit davor gewarnt und von einem "schwierigen Signal" gesprochen. Generalsekretär Paul Ziemiak pocht auf die klare Abgrenzung zur AfD, die auch für Maaßen gelte.

Am deutlichsten wurde am Wochenende bei Twitter eine Vertraute Laschets, die NRW-Staatssekretärin für Integration, Serap Güler: „An die 37 Parteikollegen in Südthüringen: Ihr habt echt den Knall nicht gehört! Wie kann man so irre sein und die christdemokratischen Werte mal eben über Bord schmeißen?“

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Merkels Gegenspieler drängen nach vorn

Mit dem Ende der Ära Merkel kann nun die Situation entstehen, dass Laschet zwei prominente Gegner des Merkel-Kurses einbinden muss, die an ihrer Basis großen Einfluss haben. Und sich zwar aktuell zu Laschet bekennen, aber sich sicher nicht als künftige Hinterbänkler sehen: Maaßen und Friedrich Merz, der ebenfalls in den Bundestag strebt.

Wobei Maaßen in der Partei, das zeigen die Reaktionen, ein Außenseiter ist. Aber der Bundestag würde ihm natürlich eine besondere Bühne bieten. Un für mögliche Koalitionsverhandlungen mit den Grünen macht es die Personalie auch nicht leichter, sie schürt Misstrauen: „Mit Maaßen öffnet die CDU ihre Türen nach rechts.“, sagt Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.

Der SPD-Politiker Ralf Stegner meint, die Aufstellung Maaßens spreche Bände, „für den desolaten Zustand einer Union", deren Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat Laschet "keine Autorität hat und täglich vom Möchtegernkanzlerkandidaten Markus Söder gepiesackt wird“.

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