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Kyrsten Sinema, die neu gewählte demokratische Senatorin von Arizona, erklärt ihren Sieg.

© Rick Scuteri/AP/dpa

Kyrsten Sinema: Arizonas erste Senatorin

Die bisexuelle, ex-grüne Demokratin Kyrsten Sinema hat spektakulär gesiegt – dennoch behalten die Republikaner im Senat die Mehrheit.

Es war eines der spannendsten Rennen bei den amerikanischen Zwischenwahlen vor einer Woche. Auch weil klar war, dass die Demokraten die Mehrheit der Republikaner im US-Senat überhaupt nur knacken können, wenn sie Arizona holen, den Bundesstaat, in dem das zuletzt 1988 geklappt hatte. Die Mehrheit bleibt jetzt zwar in der Hand der Republikaner, aber den Senatssitz im Südwesten der USA hat Kyrsten Sinema gewonnen, die damit Arizonas erste Senatorin sein wird. Ihr Vorsprung vor Martha McSally ist so hauchdünn, dass es sieben Tage gedauert hat, bis das Ergebnis zweifelsfrei feststand. In der Vergangenheit gingen Senatswahlen dort sehr viel eindeutiger aus, sodass der Sieger schon erklärt werden konnte, bevor alle Stimmen ausgezählt waren.

Das Rennen in Arizona war schon deshalb spannend, weil der republikanische Amtsinhaber Jeff Flake als ausgesprochener Kritiker von US-Präsident Donald Trump keine Chance auf eine Wiederwahl sah. Im Wahlkampf suchte die ehemalige Air-Force-Kampfpilotin McSally dann die Nähe zu Trump und attackierte ihre Gegnerin aggressiv, obwohl sie eigentlich als moderat galt. Diesen Schwenk haben ihr die Wähler aber offenbar nicht abgenommen. Sinema wiederum, eine 42-jährige ehemalige Sozialarbeiterin, die ihre politische Karriere bei den Grünen in Phoenix begann und offen als bisexuelle Frau lebt, hat es in ihrer Zeit als Abgeordnete im Repräsentantenhaus geschafft, ihr Image einer Aktivistin zu dem einer gemäßigten Kandidatin zu wandeln. Nach ihrem Sieg erklärte sie, sich an ihrem politischen Idol, dem verstorbenen republikanischen Senator John McCain, orientieren zu wollen: Sie wolle die Interessen des Landes vor die der Partei stellen. Mit dieser moderaten Herangehensweise hat sie gewonnen, eine Erkenntnis, die sich die demokratischen Wahlstrategen noch genauer anschauen werden.

Von ihrem Sieg könnten die Demokraten noch mehr lernen. Kyrsten Sinema, bisexuelle Ex-Grüne, gab sich politisch moderat.
Von ihrem Sieg könnten die Demokraten noch mehr lernen. Kyrsten Sinema, bisexuelle Ex-Grüne, gab sich politisch moderat.

© Caitlin O’Hara/Reuters

In zwei Jahren wird bereits ein neuer Präsident gewählt, noch ist offen, mit wem und mit welcher Strategie die Demokraten versuchen werden, Trump herauszufordern, der bereits erklärt hat, wieder anzutreten. Ein andere wichtige Erkenntnis aus der Wahl ist, dass sich der Wüstenstaat offensichtlich von einer langjährigen republikanischen Hochburg hin zu einem sogenannten Swing State entwickelt.

Trotz ihrer Niederlage könnte McSally aber noch Senatorin werden. Denn der andere Senatssitz von Arizona, den bis zu seinem Tod McCain innehatte, könnte schon bald neu vergeben werden. Jon Kyl, der als Nachfolger McCains ernannt wurde, will das Mandat wohl nicht länger als bis zum Ende dieses Jahres ausüben. Es gilt als wahrscheinlich, dass der Gouverneur von Arizona, Doug Ducey, dann McSally ernennen wird.

Nicht ganz so großartig

Nachdem Arizona nun entschieden ist, bleiben noch die Senatsrennen in zwei weiteren Bundesstaaten offen: In Mississippi kommt es Ende November zu einer Stichwahl, in Florida werden derzeit wegen eines extrem knappen Wahlergebnisses die Stimmen neu ausgezählt. Trumps Republikaner hatten bei den Kongresswahlen ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren, ihre knappe Mehrheit im Senat jedoch verteidigt. Dort haben sie 51 der 100 Sitze bereits sicher.

Aber mit jedem Tag verfestigt sich die Wahrnehmung, dass der von Trump noch in der Wahlnacht verkündete „großartige Erfolg“ doch nicht ganz so großartig ist, beziehungsweise dass die Opposition deutlich besser dasteht als zunächst angenommen. So haben die Demokraten im Repräsentantenhaus mindestens 32 Mandate dazugewonnen, am Ende könnten es bis zu 40 sein. Für die Mehrheit mussten sie 23 Sitze erringen. Interessant ist auch, dass bislang kein einziger demokratischer Amtsinhaber seinen Sitz im Abgeordnetenhaus verloren hat, während Republikaner wie Barbara Comstock in Virginia oder Carlos Curbelo in Florida ihr Mandat abgeben müssen. Außerdem haben die Demokraten landesweit sieben Gouverneursposten erobert und in acht Landesparlamenten die Mehrheit gedreht. Seit der Watergate-Affäre vor rund 45 Jahren haben sie nicht mehr so gut abgeschnitten wie am vergangenen Dienstag. Vor allem die Erfolge der vielen Frauen machen ihnen Hoffnung für die Zukunft, genauso wie das überraschend gute Abschneiden in den Vororten großer Städte, wo Trump besonders unbeliebt ist.

Und dennoch: Die Republikaner behalten vorerst die Kontrolle über das Weiße Haus, den Senat, die Mehrheit der Landesparlamente und stellen die meisten Gouverneure. Das ist für sie nicht die schlechteste Voraussetzung für 2020.

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