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Die Peschmerga-Kämpfer auf dem Weg nach Kobane.

© dpa

Kurdische Kämpfer in Kobane angekommen: Peschmerga sollen die Wende gegen den IS bringen

Die Peschmerga-Kämpfer kommen in der umkämpften Grenzstadt Kobane an. Erstmals erhalten die dortigen Kurden Unterstützung durch schwere Waffen. Das könnte sich militärisch wie psychologisch auf die Kräfteverhältnisse vor Ort auswirken.

Entscheidende Momente können äußerst banal wirken. So wie die Szene am Donnerstagvormittag in den Straßen der belagerten nordsyrischen Stadt Kobane an der Grenze zur Türkei: Soldaten in Stahlhelmen und mit Schnellfeuergewehren in den Händen sprachen mit ein paar Männern in Räuberzivil. Die Soldaten bildeten die Vorhut der nordirakischen Peschmerga und bereiteten mit Vertretern der kurdischen Verteidiger von Kobane die Ankunft der seit langem erwarteten Hilfstruppen und Waffen in der Stadt vor.

Die rund 150 Peschmerga, die über die Türkei nach Kobane verlegt wurden, könnten militärisch wie psychologisch eine Wende in der Stadt bewirken, die seit Mitte September vom „Islamischen Staat“ (IS) eingekesselt ist. Zum ersten Mal erhalten die Kurden in Kobane die Hilfe von schweren Waffen wie Artillerie, Raketenwerfern oder schweren Maschinengewehren – und zum ersten Mal überhaupt greift eine Bodentruppe mit dem Segen des Westens in den syrischen Bürgerkrieg ein.

Nur dank der Luftangriffe ist Kobane nicht gefallen

Salih Müslim, Chef der in Kobane und anderen kurdischen Teilen Nordsyriens herrschenden Partei PYD, sprach von einem „historischen Ereignis“. Vor allem die panzerbrechenden Waffen der Peschmerga würden in Kobane gebraucht, sagte Müslim dem türkischen Fernsehsender „Habertürk“. Bisher waren die kurdischen Kämpfer den Belagerern vom IS hoffnungslos unterlegen, nur dank der Luftangriffe der US-geführten Allianz in den vergangenen Wochen haben sie die Stadt halten können.

Nun sollen die Peschmerga den IS zurückschlagen. „Wir haben bessere Waffen als die“, sagte ein irakischer Kurdensoldat laut der kurdischen Nachrichenagentur Amed über den IS. Auch Truppen der „Freien Syrischen Armee“ (FSA) sind in Kobane angekommen, um gegen die Exremisten zu kämpfen.

Ob sie den Belagerungsring des IS sprengen können, wird sich in den nächsten Tagen und Wochen zeigen. Fest steht aber schon jetzt, dass der IS in der Region Kobane nicht so problemlos vorankommt wie bei seinem Vormarsch im Westen Iraks im Sommer, als die Kämpfer der Dschihadisten große Städte wie Mossul einfach überrannten.

Zudem könnten noch mehr Peschmerga folgen. Mesud Barzani, der Präsident der nordirakischen Kurdenregion, kündigte die Verlegung weiterer Truppen nach Kobane an, falls dies nötig werden sollte. Die Peschmerga sind mit modernem westlichen Kriegsgerät ausgerüstet und haben die Zustimmung der Türkei für den Transport ihrer Soldaten in die nordsyrische Stadt.

Ankara will Machtzuwachs von PKK verhindern

Der Türkei, einer engen Partnerin Barzanis, sind die Peschmerga und die FSA wesentlich lieber als Hilfstruppen aus den Reihen der türkisch-kurdischen Rebellengruppe PKK, die mit Müslims PYD verbündet ist. Ankara will einen Machtzuwachs von PKK und PYD als Folge des Konflikts um Kobane vermeiden und die Schlacht um die Stadt zum Ausgangspunkt einer breiteren Intervention machen, die sich auch gegen die Truppen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad richten soll.

Assads Regierung befürchtet offenbar, dass der türkische Plan funktionieren könnte. Das Außenministerium in Damaskus warf der Türkei am Donnerstag wegen der Zustimmung zum Peschmerga-Transfer nach Kobane eine Verletzung der syrischen Souveränität vor. Gegen die Luftangriffe der USA in Kobane hat Damaskus dagegen nichts einzuwenden.

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