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In der Schlussrunde diskutieren die sieben Spitzenkandidaten ein letztes Mal.

© dpa/ Tobias Schwarz

Kritik der TV-Runde aller Spitzenkandidaten: 90 Minuten können eine lange Weile sein

Inhaltliche Nuancen und letztes Punkten im Auftreten: Ein schmallippiger Scholz, eine zu laute Baerbock und ein klarer Lindner. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

40 Prozent der Deutschen wissen noch immer nicht, wen sie am Sonntag wählen sollen. Ob das jetzt, nach dem „Septell“, anders ist? Die Spitzenkandidaten aller im Bundestag vertretenen Parteien waren bei ARD und ZDF zu Gast, denn jetzt geht’s drum. Ein Kampf auf den letzten Metern. Und die Wahl wird zur Qual.

Wie entscheiden: nach Spitzenkandidatur oder nach Partei? Das tun immerhin noch mehr als 30 Prozent der Bürger:innen laut Umfrage; elf Prozent sind es, die vor allem auf die Personen Baerbock und Co. schauen. Und 54 Prozent geben an, dass es ein Inhalt ist, der sie leitet. Was hat das Siebener-Gipfeltreffen dazu erbracht?

Außer schnellem Themenwechsel, der allzu schnelle Reaktionen erforderte. Es waren 90 Minuten, die eine lange Weile wurden. Mit Moderatoren, Tina Hassel, Theo Koll, die die Zeit genommen haben. Wie bei einem Schwimmwettbewerb.

Vielleicht fällt die Wahlentscheidung leichter, wenn man von denen an Platz 1 einen Moment absieht und tatsächlich in die Parteiprogramme schaut. Nur nicht jetzt. Beobachtungen: Markus Söder spricht vor Armin Laschet, dem es dann schwerfällt, noch ganz anderes, Gescheites, zu sagen, wenn er dran ist. Und zwar ohne dass es wieder wie ein Bruderkampf aussieht.

Als könne er die Unterlegenheit der anderen nur schwer ertragen

Olaf Scholz kann, wie zuweilen in größerer Runde, nicht nur ganz ruhig sein, sondern auch sehr schmallippig werden. Das wirkt und klingt dann, als könne er die Unterlegenheit der anderen nur schwer ertragen.

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Annalena Baerbock wird im Schlussakkord nicht nur wieder energetischer und schlagfertiger als in mancher Woche zuvor. Sondern auch lauter, als ihr bei einer inzwischen skeptisch gewordenen Wählerschaft womöglich guttut. Hemdsärmelig redet sie außerdem.

Christian Lindner bemüht sich um den Überblick und hat die Situation und sich im Griff. Und (dieses Mal) einen klaren Plan für die Zeit nach der Wahl; 2017 ist Vergangenheit, die Lehren daraus sind gegenwärtig.

Janine Wissler (Linke) und Alice Weidel (AfD) sind auch noch da. Interessant am Rande: Scholz grenzt sich ab von der Linken, aber aus wahlstrategischem Kalkül nicht vollends. Wie auch Baerbock im Septell Enteignungen zur Schaffung von sowohl ausreichendem als auch bezahlbarem Wohnraum nicht ausschließt. Da bleiben Türen offen.

Und die Linke Wissler öffnet ihrerseits eine. Als es um ein Bekenntnis zur Nato geht, sagt sie, es gehe jetzt nicht um Bekenntnisse. Deutschland könne das Verteidigungsbündnis ohnehin nicht allein auflösen. Weidel wiederum zeigt sich auch offen - aber auch zu den „Querdenkern“. Die AfD präsentiert sich damit als Sammlungsbewegung am rechten Rand. Mehr und mehr.

Das Fazit: Wer beim Septell genau zugeschaut und hingehört hat, dem hilft es mehr als graduell. Die skeptische Sichtweise auf Spitzenpolitiker in diesen Tagen ändert es nicht.

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