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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

© dpa/ Bernd von Jutrczenka

Kritik an Ressortverteilung: Merkel hat ohnehin das letzte Wort

Für die Ressortverteilung wird die Kanzlerin heftig kritisiert – es könnte aber auch Merkelsches Kalkül dahinter stecken. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ingrid Müller

Natürlich ist Angela Merkel keine strahlende Siegerin. Wie sollte sie auch nach diesem Wahlergebnis und den Monaten seither? Natürlich werden Kritiker – nicht nur Junge – jede Schwäche zu nutzen suchen, um noch mehr ihrer Wünsche durchzusetzen. Denen hat die Kanzlerin bereits rasch Entgegenkommen signalisiert: Die neue Mannschaft solle möglichst die ganze Breite der CDU abbilden. Gemeint sind wohl Jüngere, Ältere, Landsmannschaften, Liberalere, Konservativere, Getreue wie Aufstrebende.

Immerhin das Kanzleramt sei der CDU geblieben, höhnte ein Kritiker der Koalitionsvereinbarung. Hat sich Angela Merkel aber wirklich in der Nacht der Not nur Forderungen der anderen ergeben? Oder steckt in der Ressortverteilung, mit der sich die möglichen Koalitionspartner so brüsten, nicht doch auch Kalkül?

Als Innenminister muss Seehofer liefern

Ein Innenminister der CSU mit neuer Heimat – das ist mehr als gute Ablenkung, auf die sich einige mit Häme stürzen. In der Welt der Angela Merkel könnte sich das auch so lesen, dass der Amtsinhaber, wohl Horst Seehofer, für den Schutz der Grenzen zuständig ist, für die Asylsuchenden wie die Integration. Das heißt: Er muss liefern. Wenn das nicht ordentlich organisiert wird, wenn da etwas schiefgeht – es geht mit den jetzt so lautstark nörgelnden Bayern heim. Eine neue demütigende Inszenierung à la Seehofer: undenkbar. Der Innenminister kann nicht einfach tun oder lassen, was er oder vielleicht vor allem die CSU will. Er ist in die Berliner Kabinettsdisziplin eingebunden. Dort heißt die Chefin: Angela Merkel.

Als Innenminister würde Horst Seehofer der Kabinettsdisziplin unterliegen, die Chefin dort hieße: Angela Merkel.
Als Innenminister würde Horst Seehofer der Kabinettsdisziplin unterliegen, die Chefin dort hieße: Angela Merkel.

© Britta Pedersen/dpa

Außen und Finanzen für die SPD. Ja, aber in Europafragen, sei es bei engerer oder nicht so enger Kooperation sowie Finanzzusagen an klamme Mitglieder, wer hat sich immer nicht nur das letzte Wort vorbehalten? Angela Merkel. Und wenn sie mal mehr geben muss, kann sie es auf die Sozen schieben.

Wirtschaft für die CDU, ein Fauxpas? Merkel sagt, sie sei wegen der Sozialen Marktwirtschaft in die CDU eingetreten. Die ist mit Ludwig Erhard, dem Vater des Wirtschaftswunders verbunden, dazu gehört ein Gesellschaftsentwurf. Das Ministerium muss die Energiewende umsetzen, eine Schicksalsfrage für den Standort Deutschland. Mit einem Wirkmacht entfaltenden Getreuen besetzt, kann es sehr viel stärker sein, als mancher derzeit denkt.

Auch die CDU kommt an der Nachfolgediskussion nicht vorbei

Ach ja, das Kanzleramt. Was wäre die CDU ohne es? Und wer sollte es bei eventuellen Neuwahlen verteidigen? Schon in der Flüchtlingskrise, die Deutschland durchgerüttelt hat, war von Kanzlerinnendämmerung die Rede. Aber als es auf die Wahlen zuging, wollten CDU wie CSU Merkel als Spitzenfrau; sie sollte der Union die Macht sichern. Hat sie selbst das aus vollem Herzen getan oder eher aus Pflichtgefühl? Am Wahlsieg hat sie doch maßgeblichen Anteil.

In ihrer unnachahmlichen Art sagt Merkel nun, sie werde nicht noch einmal zwölf Jahre Kanzlerin sein. 2021 wird sie es nicht mehr wissen wollen. So oder so muss die CDU die Nachfolge bald klären. Dass die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende sich selbst zur Disposition stellt, sollte niemand erwarten. Was das für Folgen haben kann, zeigt gerade die SPD.

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