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Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki am Sonntag in der litauischen Hauptstadt Vilnius.

© Petras Malukas/AFP

Krise in Afghanistan: Polens Premier Morawiecki warnt vor neuer Flüchtlingswelle

Gegenwärtig hat sich die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze leicht entspannt. Doch Polens Premier Morawiecki befürchtet eine neuerliche Zuspitzung.

Mateusz Morawiecki schlägt Alarm. „Polen, Litauen, Lettland, Estland brauchen Hilfe. Wir müssen zusammenstehen, um Europa zu verteidigen“, twitterte Polens Regierungschef am Sonntag. Gleichzeitig traf sich der Ministerpräsident am Sonntag in Estland, Lettland und Litauen mit den dortigen Regierungschefinnen und -chefs. Die Botschaft Morawieckis: Bei der Aktion des belarussischen Diktators Alexander Lukaschenko, Migranten aus Krisenregionen wie Nahost auf das Gebiet der EU zu schicken, handele es sich um den größten Versuch zur Destabilisierung der EU seit Ende des Kalten Krieges.

In einer mit dramatischer Musik untermalten Videobotschaft auf Englisch sagte Morawiecki zudem, dass Polen der „Erpressung nicht nachgeben“ und statt dessen alles unternehmen werde, „um das Böse zu stoppen, das Europa bedroht“. Gleichzeitig dankte er den Ländern der EU, der EU-Kommission, Großbritannien und den USA für die Unterstützung des polnischen Vorgehens an der belarussisch-polnischen Grenze. Es sei gelungen, in schwierigen Zeiten Allianzen zu bilden und eine Spaltung zu verhindern.

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Kritiker werfen Morawiecki vor, mit einer Dramatisierung der Lage davon ablenken zu wollen, dass Polen wie auch Ungarn im Rechtsstaats-Streit mit der EU unter Druck steht. Die EU-Kommission hat inzwischen blaue Briefe an die Regierungen in Warschau und Budapest versandt. Im Raum steht die Auslösung des so genannten Rechtsstaats-Mechanismus, mit dem EU-Subventionen für beide Länder gesperrt werden könnten.

Morawiecki erklärte am Sonntag an der Seite der litauischen Premierministerin Ingrida Simonyte angesichts der Rückführungsflüge mit kurdischen Flüchtlingen in den Irak, dass die Krise zwar gegenwärtig entschärft worden sei. Allerdings gebe es die Gefahr, dass Belarus, Russland und Usbekistan die Krise in Afghanistan „für den nächsten Flüchtlingsstrom nutzen“ könnten.

Morawiecki: Militärischer Druck Russlands auf die Ukraine

Die Flüchtlingskrise sei lediglich ein Bestandteil einer größeren Krise, die von Lukaschenko und „seinem Arbeitgeber“, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, ausgelöst worden sei, sagte Morawiecki weiter. Die russischen Truppenbewegungen an der ukrainischen Grenze führten zu einem „militärischen Druck auf die Ukraine“, warnte Polens Regierungschef.

Die litauische Regierungschefin Simonyte erklärte, dass sich die humanitäre Krise der Flüchtlinge auf dem Gebiet von Belarus abspiele, „und da muss sie angegangen werden“. Allerdings bemüht sich das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR bislang vergeblich, sowohl auf belarussischem als auch auf polnischem Gebiet einen permanenten Zugang zur Grenzregion zu erhalten.

Litauens Regierungschefin sichert Warschau Solidarität zu

Simonyte, deren Land im Sommer angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen zunächst im Fokus gestanden hatte, unterstrich ihre „Solidarität mit Polen“. Das Nachbarland trage gegenwärtig „die größte Last dieses hybriden Angriffes“, sagte sie. Darunter versteht man eine Aktion, die nicht mit militärischen Mitteln, sondern mit einer Verschleierungstaktik ausgeführt wird.

Weitere Grenzübergänge könnten geschlossen werden

Zuvor hatte Morawiecki nach einem Treffen mit der estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallis erklärt, dass Polen finanziell für die Rückführung von Flüchtlingen von Belarus aufkommen könne.  „Wir sind jeden Moment in der Lage, die Rückkehr der Migranten in ihre Herkunftsländer zu finanzieren, wir haben auch eine Menge diplomatischer Aktivitäten im Irak und in anderen Ländern des Nahen Ostens entwickelt“, sagte er.

Zudem sagte Polens Regierungschef bei dem Besuch in Estland, dass sein Land bereit sei, weitere Übergänge an der Grenze zu Belarus zu schließen. Gegenwärtig ist der Übergang bei Kuznica geschlossen. Morawiecki brachte auch die weitere Einschränkung von Transit- und Handelsmöglichkeiten ins Spiel, um den ökonomischen Druck auf das Lukaschenko-Regime zu verstärken.

Obwohl es inzwischen Anzeichen einer Entspannung der Krise gibt, berichteten polnische Grenzschützer auch am Sonntag über den Versuch einer Gruppe von rund 100 Migranten, die Grenze zu überwinden. In Warschau hatten am Wochenende mehrere 100 Menschen für die Aufnahme der Flüchtlinge demonstriert und dabei gerufen: „Kein Mensch ist illegal.“

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