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Ursula von der Leyen (CDU), Verteidigungsministerin, kommt zur Sitzung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Krise der Verteidigungsministerin: Die CDU hat mehrheitlich mit von der Leyen abgeschlossen

Die Wehrministerin Ursula von der Leyen rührt sich nicht, trotz desolater Lage der Verteidigung. Eine Analyse.

Man ist daran gewöhnt, zu lesen und zu hören: die Bundeswehr, ein Torso. Da soll sie weltweit, oder jedenfalls fast, einsatzfähig sein und ist es doch nicht. Wird es auch nicht so schnell werden. Jeder Bericht belegt, dass viel zu wenig fliegt, fährt, schwimmt, dass zu wenig Munition vorhanden ist. Dass die Gewehre, unvergessen, sich bei Dauerfeuer verzogen haben sollen. Dass es an Bevorratung fehlt. Dass bei Reparaturen kein schneller Ersatz zur Verfügung steht.

Die Liste ließe sich immer weiter und immer detaillierter fortführen – zum Schrecken der Profis in der Truppe . Es ist eine Liste des Unvermögens. Und was sagt dazu das Parlament, was die Partei der verantwortlichen Ministerin, die CDU?

Der Untersuchungsausschuss im Bundestag könnte noch lange, lange tagen, keine Frage. Irgendwann, bald, muss aber mal Schluss sein mit den Untersuchungen und mit der Malaise. Denn sonst machen sich die Abgeordneten schuldig an ihrer Bundeswehr. „Ihrer“ Bundeswehr, weil sie eine Parlamentsarmee ist. Hier gibt es gewissermaßen eine „Beistandsverpflichtung“. Und ohne Beistand kann es nicht weitergehen.

Erheblicher Zuschlag

Mit fehlenden Geld hat das wenig zu tun. Die Bundeswehr bekommt doch einen erheblichen Zuschlag aus dem Staatssäckel. Ohnehin bedeutet mehr Geld nicht automatisch mehr Organisation. Stattdessen müssen die finanziellen Mittel absolut zielgerichtet eingesetzt werden, modular, um einen Missstand nach dem anderen abzubauen. Wer allerdings dazu die Verteidigungsexperten befragt, der hört auch immer wieder, dass die Führung im Ressort nicht gerade Vertrauen in ihre Kompetenz aufbaut.

Womit wir beim wesentlichen Punkt sind: Vertrauen in die Kompetenz. So viele Jahre ist Ursula von der Leyen jetzt Ibuk, „Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt“, dass sie nicht mehr sagen kann, an allem seien ihre Vorgänger schuld. Denn andernfalls gäbe es innerhalb der Armee den „tiefen Staat“, dem völlig einerlei ist, wer das Sagen hat, es geht sowieso unabänderlich weiter wie bisher.

Das kann aber so nicht stimmen; sonst hätte Karl-Theodor zu Guttenberg niemals die Wehrpflicht abschaffen können. Wenn sich nun ausweislich von Dokumenten bewahrheitet, dass die Ministerin schon im Januar 2018 über die millionenschwere Berateraffäre Bescheid bekam, sich nachher aber nicht kümmerte – dann würde das alles zusammengenommen unter normalen Umständen zur Demission reichen.

Dass es nicht so ist, zeigt, wie die Öffentlichkeit die Missstände inzwischen ansieht: als normal. Wer regt sich auf? Desinteresse an der Bundeswehr ist dafür noch ein freundliches Wort. Und dass die Ministerin sich nicht einmal mehr groß verteidigen muss, zeigt außerdem, dass offenkundig auch die CDU in Mehrheit schon mit ihr abgeschlossen hat. Erstaunlich paradox: Ursula von der Leyen ist noch im Amt, aber für viele irgendwie doch schon weg. Dafür allerdings ist die Lage der Verteidigung, im Ministerium und bei den Abertausenden von Menschen in der Truppe, zu wichtig, als dass man sich daran gewöhnen sollte.

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