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Trauerkerzen und Blumen liegen vor einem Kaufhaus in der Innenstadt, in dem ein Mann Menschen mit einem Messer attackiert hatte.

© dpa/Nicolas Armer

Kriminalbeamte für mehr psychiatrische Kapazitäten: Die Traumata der Täter von morgen

Nicht nur der BDK hält die psychiatrische Behandlung von Geflüchteten für unzureichend. Man möchte sich fast wundern, dass nicht mehr passiert. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Noch ist nicht klar, was den Täter von Würzburg antrieb, eine psychische Störung oder eine islamistische Terrorabsicht. Klarer zeichnet sich dagegen ab, dass es hierzulande ein Defizit im Umgang mit psychisch auffälligen Flüchtlingen gibt.

Wie zuvor beispielsweise der Mann, der im Frankfurter Bahnhof Passanten vor einen einfahrenden Zug stieß, oder bei der Attacke in einem Hamburger Supermarkt, war auch dieser Täter vor der Bluttat vom Freitag mehrfach in psychiatrischer Behandlung gewesen und aus der wieder entlassen worden.

Der Bund der deutschen Kriminalbeamten (BDK) schätzt, dass jeder dritte allein handelnde Attentäter psychisch krank sei. Der BDK und auch die Linke fordern einen Ausbau der psychiatrischen Behandlungskapazitäten.

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Bei Tätern, die aus Bürgerkriegsländern stammen oder während der oft jahrelangen Flucht in Gewaltexzesse verwickelt waren, könnte man eine psychische Störung für so naheliegend halten, dass man sich bisweilen regelrecht wundert, dass nicht viel öfter etwas passiert; dass nicht viel öfter einer der vielen, oft bis heute in ungeklärten Verhältnissen lebenden Menschen, die seit 2015 eingewandert sind, zum Gewalttäter wird.

Nun ist eine Erweiterung psychiatrischer Kapazitäten schneller gefordert als realisiert, zumal bereits die durch die Pandemie Geschädigten auf Behandlung warten. Aber das ändert nichts an der Richtigkeit der Forderung und der Dringlichkeit ihrer Umsetzung. Es ist auch unwahrscheinlich, dass Menschen mit coronainduzierten Symptomen und mutmaßlich gewalttraumatisierte Geflüchtete dieselbe Art von Hilfe brauchen.

AOK: Drei Viertel der Flüchtlinge sind traumatisiert

Seit 2018 gibt es einen Fachbericht der AOK, der die besondere Fragilität der (psychischen) Gesundheit von Flüchtlingen ausdrücklich benennt. Mehr als drei Viertel aller Geflüchteten aus den Herkunftsländern Syrien, Irak und Afghanistan hätten Gewalt erlebt und seien dadurch „oft mehrfach traumatisiert“, heißt es dort. Und deshalb sollten alle, die mitbekommen, wenn einer von ihnen auffällig wird, in großen Buchstaben irgendwo die Vermutung notieren, dass das auf ein Kriegs- oder Gewalttrauma hindeuten könnte, und entsprechend therapieren oder zumindest Angebote machen.

Es kommt immer wieder vor, dass auffällig gewordene Flüchtlinge einfach in ihren Alltag zurückgeschickt werden. Das passt auf einer übergeordneten Ebene zu einer Flüchtlingspolitik, die zwar menschenfreundlich die Grenzen öffnete, aber mit den anschließenden Fragestellungen ungern befasst war. Doch die Menschen sind hier. Und bei manchen werden Probleme immer noch größer. Bei einigen führen sie zu Gewalttaten. Jede davon ist eine Tragödie für sich, aber nicht jede war unvermeidlich.

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