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Schwarzer Titel statt Nachrichten: Polens private Medien protestieren gegen eine Werbesteuer.

© Wojtek Radwanski/AFP

"Kriegserklärung gegen Meinungsfreiheit": Polens private Medien streiken gegen Coronasteuer

Das Fernsehbild bleibt schwarz, Radios bleiben stumm. Die Verleger warnen vor Plänen der PiS, oppositionelle Medien finanziell in die Knie zu zwingen.

Polens private Radioprogramme blieben am Mittwoch stumm, die Bildschirme privater TV-Sender und Internetportale privater Medienkonzerne schwarz. Mit dem „Streik der Medien“ protestieren die Unternehmen gegen Pläne der nationalpopulistischen PiS-Regierung, eine Steuer auf die Werbeeinnahmen der Medien, der Kinos und der Vermarkter von Werbeflächen einzuführen. Aus den Einnahmen sollen die coronabedingten höheren Ausgaben für das Gesundheitswesen und Hilfen für die unter Einnahmeausfällen leidende Kulturbranche finanziert werden, sagt die PiS.
In einem offenen Brief äußern die privaten Medien dagegen den Verdacht, mit der Steuer wolle die Regierung den Einfluss der staatlichen Medien auf Kosten der privaten Medien ausbauen. Die Steuer, die ab Juli fließen und bis Jahresende 800 Millionen Zloty (180 Millionen Euro) einbringen soll, belaste eine Branche, die selbst hohe Einnahmeeinbußen durch Corona erleide.

Die Abgabe werde die Medien sehr unterschiedlich treffen, heißt es. Viele private Zeitungen, Radio- und TV-Sender, die sich allein aus Werbeeinnahmen finanzieren, würden in Existenznot geraten, staatliche Medien, die hohe Subventionen erhielten, hingegen nicht.

Gazeta Wyborcza: Das Vorbild ist Orban in Ungarn

Die einflussreichste Oppositionszeitung „Gazeta Wyborcza“ schreibt: „Wir protestieren, weil die Staatsmacht der freien öffentlichen Meinung den Krieg erklärt hat.“ Die PiS folge dem Beispiel Viktor Orbans in Ungarn. Er habe sich durch eine Medienbesteuerung, die private Verlage härter als staatliche Unternehmen traf, „der freien Medien entledigt“.
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Der Protestaktion unter dem Schlagwort „Media bez wyboru“ („Medien ohne Wahl“) haben sich alle wichtigen Medienkonzerne, viele davon mit ausländischen Investoren, angeschlossen, darunter Ringier Axel Springer Polska, TVN, Polsat, Canal+, Grupa RFM, die Zeitungsgruppe Agora und Internetmedienhäusern wie Interia und Wirtualna Polska.

Antideutsche Kampagne in der Medienpolitik

Die PiS verfolgt seit Jahren das Ziel, Medienkonzerne mit ausländischem Kapital aus dem Markt zu drängen oder den Verkauf an polnische Investoren zu erreichen – aus Sicht der Kritiker, um ihre Kontrolle auszuweiten. Dies ist auch mit einer antideutschen Kampagne gegen Ringier Axel Springer Polska und die Verlagsgruppe Passau, die viele Regionalzeitungen betreibt, verbunden.

Kürzlich kündigte der staatliche Ölkonzern Orlen den Kauf der Regionalzeitungsgruppe Polska Press an. Auch Orlen hat nun aber den Protest gegen die Mediensteuer unterzeichnet.

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