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Jasmin Kosubek moderiert für "Russia Today Deutsch" täglich die Sendung "Der fehlende Part".

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Krieg mit Worten: Gegen Putins Propaganda hilft keine Gegenpropaganda

Die russische Desinformationskampagne, die den Krieg in der Ukraine begleitet, hat Europa kalt erwischt. Nun überlegt die EU, was sie der Propaganda aus Moskau entgegensetzen kann. Die Antwort aber darf nicht Gegenpropaganda heißen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Claudia von Salzen

Moderne Kriege werden nicht allein mit Waffen, sondern auch mit Worten geführt. Das ist keineswegs neu. Dennoch hat die russische Desinformationskampagne, die den Krieg in der Ukraine von Anfang an begleitete, Europa kalt erwischt. Lange hat es gedauert, bis die Europäische Union das Problem überhaupt erkannt hat. Jetzt, mehr als ein Jahr nach der Annexion der Krim, wird erst einmal ein Aktionsplan erarbeitet, um zu klären, wie sich die EU-Staaten der Desinformationskampagne entgegenstellen können. Die Initiative geht auf die Außenminister aus Dänemark, Estland, Großbritannien und Litauen zurück.

Eine Antwort aus Europa auf diese Herausforderung ist überfällig. Kaum jemand hätte es für möglich gehalten, dass der Kreml mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem Zerfall der Sowjetunion wieder in die Werkzeugkiste der Propaganda greifen würde.

Heute ist bekannt, dass es in Russland Agenturen gibt, deren Mitarbeiter nichts anderes tun, als in sozialen Netzwerken und auf Nachrichtenseiten die öffentliche Debatte im Sinne des Kremls zu beeinflussen. Das russische Staatsfernsehen macht vor, wie sich Fakten bis zur Unkenntlichkeit verbiegen lassen. Der Auslandssender RT wird vom Kreml in diesem „Informationskrieg“ als antieuropäische, antiwestliche Waffe eingesetzt, der Sender macht sich mehr oder weniger geschickt die Politik- und Medienverdrossenheit in Europa zunutze.

Doch was lässt sich dem entgegensetzen? Die Antwort auf Propaganda darf nicht Gegenpropaganda sein. Daher weist die Gründung des Senders Ukraine Today in Kiew in die falsche Richtung. Auch mit einem EU-finanzierten russischsprachigen Sender wäre es nicht getan. Eine solche Initiative sollte grundsätzlich nicht von staatlicher Seite ausgehen. Wichtiger ist es, diejenigen zu stärken, die sich in Russland und den Nachbarländern unter schwierigen Bedingungen als unabhängige Journalisten behaupten.

Gefragt sind westliche Medien, die sich ihrer Standards verbessern

Dem Sender RT die Lizenz zu entziehen, wie es in London diskutiert wurde, wäre ein falsches Signal. Der Propagandasender missbraucht zwar die Pressefreiheit in Europa. Doch ein Verbot würde autoritären Staaten als Vorwand dienen, missliebige Sender zu verbieten. Freie Gesellschaften sind angreifbar. Darin, dass sie das aushalten können, liegt ihre Stärke.

Gefragt sind im Kampf gegen Desinformation vor allem die westlichen Medien, die sich ihrer Standards vergewissern und Lügen als das entlarven müssen, was sie sind. Davon sollten sie sich auch durch Druck von außen nicht abbringen lassen.

Eine Aufgabe bleibt den Regierungen dann doch: die Verhältnisse beim Namen zu nennen. Wer ganz diplomatisch stets beide Seiten zur Mäßigung aufruft, verwischt die Unterschiede – und verschweigt die Tatsache, dass Russland Soldaten und Waffen ins Nachbarland geschickt hat.

In Deutschland, wo ein Altkanzler sein Geld als Lobbyist für Russlands Energieinteressen verdient und noch heute das russische Eingreifen in der Ostukraine öffentlich bestreitet, haben Moskaus Desinformationskampagnen allerdings ein leichtes Spiel.

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