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Mission erfüllt: Nach Putins Worten haben die russischen Einheiten in Syrien ihre Ziele erreicht.

© Maxim Shipenkow/AFP

Krieg in Syrien: Putin am Abzug

Russland Präsident will einen Teil seiner Truppen aus Syrien zurückziehen. Wenn der Kreml-Chef nun Druck auf Assad macht, wäre das hilfreich. Wenn. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Es gibt Regierungen, denen man schlicht glaubt, wenn sie den Beginn oder das Ende militärischer Handlungen ankündigen. Die russische Führung gehört nicht dazu. Wenn Wladimir Putin den Rückzug aus Syrien erklärt, beginnt der Rest der Welt zu rätseln: Soll man das für bare Münze nehmen? Einen Vertrauensvorschuss – soweit er den je hatte – gibt ihm jedenfalls niemand mehr.

Putin muss man an seinen Taten messen. Es wird freilich dauern, bis zu erkennen ist, ob das russische Expeditionskorps kleiner wird und die Luftangriffe auf die Opposition signifikant nachlassen. Bis dahin bleibt nur die Abwägung, was Putins Motive sein könnten.

Strategische Stützpunkte

Was also spricht dafür, dass er es ernst meint? Putin behauptet, die strategischen Ziele der Intervention seien im Wesentlichen erreicht. Da bleibt er in seinen Schwindeleien gefangen. Offiziell diente sie der Bekämpfung des IS, ein angeblich gemeinsames Interesse mit dem Westen. Es kann keine Rede davon sein, dass der IS besiegt ist. Er kontrolliert weiter beträchtliche Gebiete.

Putins wahres Motiv war zu verhindern, dass Russland seine strategischen Stützpunkte in Syrien und damit seine Präsenz im Mittelmeer verliert. Das hätte geschehen können, als Assad im Herbst 2015 unter Druck von zwei Fronten geriet: des IS und der nicht-islamistischen Opposition. Er lief Gefahr, in Damaskus eingekesselt zu werden. Wäre er damals rasch gestürzt worden, hätte Russland wenig Druckmittel gehabt, um seine Interessen am Verhandlungstisch durchzusetzen. Deshalb griff Putin ein.

Partner Putin

Nun hat Russland Stärke in der militärischen Arena bewiesen und damit auch seine Position am Verhandlungstisch verbessert. Die USA müssen Putin als Partner anerkennen, gegen den keine Lösung für Syrien gefunden werden kann.

Eine weitere Beteiligung am Bürgerkrieg ohne absehbares Ende kostet jedoch erstens Geld, das Russland wegen des niedrigen Weltmarktpreises für Öl und Gas nicht hat. Und sie ist zweitens mit dem Risiko verbunden, in die Eigendynamik des Kriegs verwickelt zu werden. Sinnvolle Ziele für die russische Luftwaffe gibt es kaum noch. Russland ist auf Grund der Bilder von seinen Angriffszielen mit dem Vorwurf konfrontiert, die Zivilbevölkerung abzuschlachten. Eine Einbeziehung in die Kämpfe am Boden würde den Blutzoll russischer Soldaten drastisch steigern. Bloß kein zweites Afghanistan.

Ein Brocken weniger auf dem Weg zum Frieden

Eine Einlassung Putins lässt aufhorchen: Sein Ziel sei nicht, Assad an der Macht zu halten. Da sollten Amerikaner und Europäer nachfassen. Assads Zukunft ist der Streitpunkt, an dem alle Lösungsansätze scheiterten. Stimmt Russland zu, dass Assad gehen muss – und sagt die ihm nachfolgende Regierung der Einheit Moskaus Stützpunktrechte für die Zukunft zu –, blieben zwar noch immer viele Hürden für einen Friedensschluss. Aber ein großer Brocken wäre aus dem Weg.

Wenn Russland Druck auf Assad ausübt, indem es seine Luftwaffe nicht mehr in Assads Dienste stellt und die USA die Opposition zu moderatem Verhandeln drängt, könnte ein Deal zustande kommen. Bleibt nur die Ausgangsfrage: Manchen Regierungen glaubt man, wenn sie ihre Position erklären. Die russische Führung gehört nicht unbedingt dazu.

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