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Gefesselt vor dem Reichstag. Mehr als 100 Helfer rufen die Bundesregierung dazu auf, sich für eine dauerhafte Waffenruhe in Syrien einzusetzen.

© Tobias Schwarz/AFP

Krieg in Syrien: Helfer: In abgeriegelten Regionen sind uns oft die Hände gebunden

Hilfsorganisationen fordern den freien Zugang zu belagerten Gebieten in Syrien und mehr Engagement von der Politik. Jetzt haben sie vor dem Reichstag protestiert - mit gefesselten Händen.

Sie sagen nichts, stehen einfach nur nebeneinander, dicht an dicht. Ihre Hände sind leicht erhoben, andeutungsweise zur Faust geballt – und mit einem roten Seil verbunden. So gefesselt stehen gut 100 Frauen und Männer am Donnerstagvormittag vor dem Reichstag. Alle sind Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und wollen vor allem eines: den notleidenden Menschen in Syrien helfen.

Das gelingt zwar oft, aber eben nicht immer. Vor allem in den belagerten Gebieten ist es Oxfam, Care, World Vision, Save the Children, den Johannitern und anderen Organisationen fast unmöglich, die Bedürftigen zu versorgen. Die Kriegsparteien verweigern den lebensrettenden Zugang. Aleppo ist zwar bis heute der Inbegriff dieses Grauens. Doch in dem geschundenen Land gibt es viele Aleppos.

Millionen Menschen müssen in abgeriegelten Gebieten ausharren – ohne Lebensmittel, Strom und Medikamente. Die Botschaft der vor dem Reichstag Versammelten ist denn auch so einfach wie plausibel: Wir brauchen ganz dringend uneingeschränkten Zugang zu den Menschen. Aber uns sind die Hände gebunden. Das ist das Motto der Aktion. Dennoch: Aufgeben kommt nicht infrage. Da sind sich die Hilfsorganisationen einig. Doch sie fordern mehr Engagement von Politik und Diplomatie, um wenigstens eine dauerhafte Waffenruhe zu erreichen.

Hoffnungslosigkeit statt normaler Kindheit

Eine echte Feuerpause käme vor allem Syriens Kindern zugute. Denn sie leiden am härtesten unter dem nicht enden wollenden Konflikt. Nach Schätzungen von Unicef sind fast sechs Millionen Mädchen und Jungen innerhalb des Landes auf Unterstützung angewiesen. Von einer normalen Kindheit sind sie weit entfernt. Ihre Lage ist vielmehr allzu oft katastrophal.

Denn Not, Gewalt, Angst und Hoffnungslosigkeit prägen den Alltag. „Das Leben der Kinder besteht aus Bombeneinschlägen, dem Alarm der Sirenen und dem Weinen der Menschen“, sagt Cristina Roccella, die in Syrien Unicefs Kinderschutzabteilung leitet. An einen geregelten Schulbesuch sei für die allermeisten kaum zu denken.

Schwerer Schaden für die Seele

Sechs Jahre Krieg haben insbesondere der Psyche vieler Heranwachsender schweren Schaden zugefügt. Durch Gewalt und Angst sind inzwischen Millionen traumatisiert. 300.000 Kinder wurden seit dem Beginn des Konflikts 2011 geboren. „Doch ein heute sechsjähriges Kind hat in seinem Leben noch nichts anderes kennengelernt als Krieg“, sagt Christian Schneider, Geschäftsführer von Unicef Deutschland. Das hinterlasse tiefe Spuren. Wenn den Betroffenen nicht geholfen werde, drohe der Verlust einer ganzen Generation.

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