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Tränen der Verzweiflung, Tränen der Angst. Seit Tagen wird Aleppo von russischen und syrischen Kampfjets bombardiert. Unter den Opfern sind auch viele Kinder.

© Thaer Mohammed/AFP

Update

Krieg in Syrien: Eine Million Kinder fordern Frieden

Aleppos Einwohner leiden unter fast pausenlosen Bombardements. Fast 70 Prozent der Bundesbürger befürworten laut einer Umfrage eine Flugverbotszone.

Seit mehr als fünf Jahren herrscht in Syrien ein erbarmungsloser Krieg. Für Millionen Kinder heißt das, sie haben in ihrem Leben bisher nichts anderes kennengelernt als Angst, Hunger, Gewalt, Vertreibung und Tod. Syrien, da sind sich Hilfsorganisationen wie Unicef und Save the Children einig, ist für Mädchen und Jungen mit Abstand der gefährlichste Ort der Welt. Sie sind die Hauptleidtragenden des Konflikts. Viele können nicht zur Schule gehen, müssen stattdessen arbeiten und bangen um ihr Leben. Allein zwischen 2011 und 2013 sollen mehr als 11.000 Kinder getötet worden sein, zumeist durch Bombenangriffe und Artilleriebeschuss. Jetzt gibt es einen Hilferuf, der wie ein Schrei der Verzweiflung wirkt: Mehr als eine Million syrische Kinder appellieren an die Verantwortlichen in der Welt, sich für Frieden in ihrem Land einzusetzen. Hochrangige christliche Geistliche würden in diesen Tagen aus Syrien zu Institutionen der Europäischen Union in Brüssel und der Vereinten Nationen in Genf reisen, um den Aufruf der Mädchen und Jungen zu überbringen, teilt das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ mit. Die Organisation hat die Aktion nach eigenen Angaben initiiert.

In Aleppo wird wieder bombardiert

Aleppo steht derzeit wieder unter Beschuss. Nach einigen Tagen relativer Ruhe haben syrische und russische Kampfjets erneut damit begonnen, die nordsyrische Stadt massiv anzugreifen. Laut der oppositionsnahen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind bei den Attacken Dutzende Zivilisten ums Leben gekommen. Auch diesmal sollen unter den Opfern Kinder sein.

Vor einigen Tagen hatte die Armeeführung mitgeteilt, sie werde die Intensität ihrer Bombardements verringern, damit Einwohner und Rebellen den Ostteil der einstigen Wirtschaftsmetropole verlassen könnten. Auch Aufständische mit leichten Waffen wie Gewehren sollten abziehen dürfen. Doch offenbar sind nur wenige Gegner von Machthaber Baschar al Assad diesem Aufruf nachgekommen – sie trauen dem Angebot offenbar nicht.

Mit dem Aufflammen der Kämpfe werden die Stimmen lauter, die eine Flugverbotszone über Aleppo und Nordsyrien fordern. Ziel eines derartigen Sperrgebietes ist es, alle Militärflüge über diesem Gebiet einzustellen, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Vor allem Frankreich und Großbritanniens befürworten diesen Schritt inzwischen, genauso wie seit Langem die Türkei. Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich jüngst mehrfach dafür eingesetzt. Eine Mehrheit der Deutschen sieht das offenkundig ähnlich.

Große Zustimmung auch in Großbritannien und Frankreich

Laut einer dem Tagesspiegel vorliegenden Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sprechen sich 69 Prozent der Bundesbürger für eine international durchgesetzte Flugverbotszone aus. Nur zehn Prozent der im Auftrag der weltweiten Bürgerbewegung Avaaz Befragten sind dagegen, 21 Prozent unentschieden ober haben nicht geantwortet. Zwischen dem 5. und 7. Oktober waren 2072 Deutsche um ihre Meinung gebeten worden. Auch in Großbritannien (64 Prozent) und Frankreich (59 Prozent) ist die Zustimmung groß.

„Es geht nicht um eine Kriegserklärung an Russland“, sagt Alice Jay, Kampagnendirektorin bei Avaaz. „Dies ist eine Erklärung deutscher Bürger, dass ihre Regierung nach vielen Worten nun eine Flugverbotszone durchsetzt. Sie soll Kinder davor bewahren, in ihren Betten bombardiert zu werden. Genau wie Srebrenica oder Ruanda ist auch dies ein ‚Nie wieder’-Moment und unsere letzte Chance, das Abschlachten zu beenden und die Tür für einen echten Waffenstillstand zu öffnen.“ Auf der Online-Plattform von Avaaz votieren bereits knapp 1,6 Millionen Menschen für eine Flugverbotszone.

"Hilfe für die Bedürftigsten"

In der Petition, die an „globale Entscheidungsträger“ gerichtet ist, heißt es: „Als Bürger auf aller Welt sind wir über das Töten unschuldiger Menschen in Syrien entsetzt. Wir rufen Sie auf, in Nordsyrien und Aleppo eine Sperrzone im Luftraum durchzusetzen um die Bombardierung syrischer Zivilisten aufzuhalten und sicherzustellen, dass humanitäre Hilfe die Bedürftigsten erreicht.“

Allerdings sieht es nicht danach aus, dass es in absehbarer Zeit eine Flugverbotszone geben wird. Die mit Assad verbündete Regierung in Moskau spricht sich klar dagegen aus und hat jeden derartigen Vorstoß im Weltsicherheitsrat verhindert. Ohne Russlands Zustimmung will es bisher aber niemand – auch nicht die USA – wagen, den Luftraum über Aleppo zu sperren. Denn das hieße, die Flugverbotszone auch militärisch durchzusetzen, also eine mögliche Konfrontation mit syrischen und russischen Kampfjets in Kauf zu nehmen. Ob die Deutschen das befürworten würden, ist eine ganz andere Frage. Eine, die von YouGov nicht gestellt wurde.

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