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Verdacht. Dieses junge Mädchen könnte an Cholera erkrankt sein. Mehr als 100.000 Jemeniten haben sich bereits mit den gefährlichen Bakterien infiziert.

© Mohammed Huwais/AFP

Krieg im Jemen: Kämpfe im Armenhaus der arabischen Welt

Bomben, Hunger, Cholera: Wie Millionen Jemeniten unter dem Dauer-Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran leiden.

Es gibt im Nahen Osten einige Orte, an denen Saudi-Arabien und der Iran ihren Machtkampf austragen. Zum Beispiel in Syrien und dem Irak. Aber nur im Jemen gehört die Golfmonarchie ganz offen zu einer der Kriegsparteien. Sie versucht seit zweieinhalb Jahren mit großem militärischen Aufwand, Jemens aus dem Amt gejagten Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi eine Rückkehr an die Macht zu ermöglichen. Bisher ohne Erfolg. Es gelingt der Allianz trotz aller Bomben und angeworbenen Soldaten nicht, die schiitisch geprägten Huthi-Rebellen in die Knie zu zwingen.

Nach wie vor kontrollieren die Aufständischen große Teile des Landes einschließlich der Hauptstadt Sanaa. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Huthi offenbar auf einen starken Verbündeten zählen können: den Iran. Der tritt zwar offiziell nicht in Erscheinung. Aber es gibt inzwischen mehr und mehr Berichte darüber, dass Teheran in den Konflikt verwickelt ist.

So sollen Irans Revolutionsgarden Kämpfer der Huthi trainieren. Immer wieder ist auch von umfangreichen Waffenlieferungen über das Rote Meer und den Golf von Aden die Rede. Durch derartige Hinweise sieht das saudische Herrscherhaus seine Vorwürfe bestätigt: Die iranischen Erzfeinde wollen das sunnitische Königreich einkreisen und schrecken nicht einmal davor zurück, im Jemen – dem „Hinterhof“ Saudi-Arabiens – Unruhe zu stiften.

Freie Hand für die Saudis

Womöglich ist das der Hauptgrund, warum die Golfmonarchie trotz offenkundiger Erfolglosigkeit nicht an Rückzug denkt und ohne Unterlass Angriffe gegen Stellungen der Huthi fliegen lässt. Hinzu kommt, dass die Regierenden in Riad weiter auf die Unterstützung durch die USA zählen können. Präsident Donald Trump hat bei seinem Besuch vor drei Wochen die Saudis geradezu dazu ermuntert, dem Machtstreben Irans und seiner potenziellen Verbündeten wenn irgend möglich Einhalt zu gebieten. Das bedeutet nicht zuletzt freie Hand im Jemen.

Nichts als Trümmer sind diesem Jemeniten geblieben. Sein Haus wurde durch einen saudischen Luftangriff zerstört.
Nichts als Trümmer sind diesem Jemeniten geblieben. Sein Haus wurde durch einen saudischen Luftangriff zerstört.

© Khaled Abdullah/Reuters

Die Lage der dortigen Bevölkerung ist dramatisch. Die Menschen leben in großer Angst und bitterer Armut. Durch die Bombardements sind bereits 10.000 Jemeniten ums Leben gekommen, Millionen haben ihr Zuhause verloren. Durch die anhaltende Gewalt ist das Gesundheitssystem fast komplett zusammengebrochen, zahlreiche Krankenhäuser wurden in Schutt und Asche gebombt, wichtige Medikamente fehlen.

Seuche auf dem Vormarsch

Da hat katastrophale Folgen. Denn im geschundenen Jemen wütet jetzt die Cholera. Aktuellen Zahlen der Weltgesundheitsorganisation zufolge sind bereits 100.000 Menschen – zur Hälfte Kinder unter 15 Jahren – erkrankt. Sie haben starken Durchfall und müssen erbrechen. Wenn die Infektion nicht umgehend behandelt wird, kann das binnen weniger Stunden zum Tod führen. Kinder, Alte und Kranke gelten als besonders gefährdet. Vor wenigen Tagen sprach Unicef-Regionaldirektor Geert Cappelaere von einer „beispiellosen Ausbreitung“ der Seuche.

Die Erklärung dafür ist einfach. Viele Jemeniten haben keinen Zugang zu sauberen Trinkwasser, es mangelt an Sanitäranlagen. Dadurch können sich die gefährlichen Bakterien rasant ausbreiten. Die Gesundheitsbehörden in Sanaa haben den Notstand ausgerufen.

17 Millionen Menschen hungern

Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten Erkrankten ohnehin geschwächt sind, weil sie nicht ausreichend zu essen haben. Denn der Jemen steht den UN zufolge am Rande einer Hungersnot. Schätzungsweise 17 Millionen Einwohner – das sind zwei Drittel der Bevölkerung – können sich nicht mehr eigenständig mit Lebensmitteln versorgen. Fast 2,2 Millionen Kleinkinder sowie mehr als eine Million Schwangere und stillende Mütter gelten mittlerweile als mangelernährt und drohen zu verhungern.

Hilfe zu leisten, ist wegen der Gewalt und der zerstörten Infrastruktur jedoch extrem kompliziert. Die Experten sind sich deshalb schon lange einig: Der Jemen erlebt die größte humanitäre Krise weltweit. Doch das scheint keine der Kriegsparteien sonderlich zu kümmern.

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