zum Hauptinhalt
Jens Spahn will die Versicherten um insgesamt sieben Millarden Euro entlasten.

© John Macdougall/AFP

Krankenkassen: Spahn will Versicherte entlasten – Experten sprechen von Scheinlösung

Geringere Beiträge für Krankenversicherte: Der Vorstoß des Gesundheitsministers kommt bei den Kassen schlecht an. Auch SPD und Opposition sind nicht zufrieden.

Von Robert Birnbaum

Die Pläne von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Entlastung der Krankenversicherten stoßen bei Kassen und in der Politik auf Kritik. Spahn hatte am Freitag einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Versicherten um insgesamt sieben Milliarden Euro im Jahr entlasten soll.

Der Großteil dieser Absenkung ergibt sich durch die Rückkehr zur paritätischen, also je hälftigen Finanzierung der Krankenkassenbeiträge durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer und geht damit zu Lasten der Unternehmen. Das hatte die SPD im Koalitionsvertrag durchgesetzt.

Streit gibt es über den Plan des CDU-Politikers, zusätzlich die Rücklagen der Kassen rigide zu begrenzen und sie damit zur Absenkung ihrer Zusatzbeiträge zu zwingen. Nach dem Entwurf, der jetzt zunächst innerhalb der Regierung abgestimmt wird, sollen die Finanzreserven der Kassen die Ausgaben eines Monats nicht mehr überschreiten dürfen.

0,3 Prozentpunkte weniger

Bestehende Reserven sollen die Kassen binnen drei Jahren durch niedrigere Zusatzbeiträge abschmelzen oder andernfalls nach dieser Frist in den Gesundheitsfonds einzahlen müssen. Nach Berechnungen des Ministers würden rund 4,4 Milliarden Euro frei, mit denen die Zusatzbeiträge im Schnitt um 0,3 Prozentpunkte sinken könnten.

Sowohl Oppositionspolitiker als auch SPD-Experten kritisierten diesen Plan aber als nicht zu Ende gedachte Scheinlösung. Wie zuvor schon der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warf die Grünen-Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink dem Minister vor, er lasse außer Acht, dass die Kassenrücklagen im nächsten Jahr dringend zur Finanzierung von Pflegereform und Versorgung im ländlichen Raum gebraucht würden.

"Beitrags-Jojo"

Für die Versicherten laufe der Plan auf ein bloßes „Beitrags-Jojo“ hinaus, monierte Klein-Schmeink. Spahn greife obendrein ohne Sinn und Verstand in die Wirtschaftsplanung der Kassen ein.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte Spahn auf, „seine Hausaufgaben“ zu machen statt sich als „Beitragssenker feiern“ zu lassen. So würden allein drei Milliarden Euro gebraucht, um zu verhindern, dass Pflegeheimbewohner die medizinische Behandlungspflege weiter aus eigener Tasche zahlen müsste, rügte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Pflegebedürftige dürften in Heimen nicht schlechter gestellt sein als zu Hause, wo die Krankenkassen diese Pflege schon heute finanzierten.

Auch die besonders betroffenen Kassen meldeten Protest an. Der Vorstandschef des AOK-Bundesverbands, Martin Lisch, forderte, zuerst müssten die Kosten der geplanten weiteren Reformen vor allem in der Pflege seriös abgeschätzt werden. In der jetzigen Form schieße Spahns Vorhaben über das Ziel hinaus.

Es stelle zudem einen schwerwiegenden Eingriff in die Beitragsautonomie der Kassen dar. Die Techniker-Krankenkasse forderte zunächst eine Neuregelung des Verteilsystems zwischen den insgesamt mehr als 100 deutschen Krankenkassen über den Gesundheitsfonds.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false