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Annegret Kramp-Karrenbauer bei einem Besuch deutscher Soldaten im Irak.

© Michael Kappeler/dpa

Kramp-Karrenbauers Syrien-Plan: Hälfte der Deutschen gegen möglichen Bundeswehr-Einsatz

Die Idee einer Schutzzone in Nordsyrien polarisiert die Bundesbürger. Kritisiert wird die CDU-Chefin dafür deutlich von Parteifreund Armin Laschet.

Knapp die Hälfte der Deutschen würde es ablehnen, dass sich die Bundeswehr an einer möglichen internationalen Sicherheitszone in Syrien beteiligt. ab. In einer Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für die "Augsburger Allgemeine" erklärten 49 Prozent der Befragten, sie seien gegen eine deutsche militärische Beteiligung. 40 Prozent befürworteten einen Bundeswehr-Einsatz.

Kritik auch von CDU-Vize Laschet an Kramp-Karrenbauer

43 Prozent der Befragten begrüßten aber grundsätzlich den Vorstoß von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), die nach der Militäroffensive der Türkei gegen die Kurden in Nordsyrien eine "international kontrollierte Sicherheitszone" in dem Gebiet vorgeschlagen hatte. 37 Prozent der Befragten bewerteten ihren Vorschlag dagegen negativ. Der Rest zeigte sich unentschieden.

Civey befragte von Mittwoch bis Freitag online gut 5000 Bundesbürger. Erst am Freitag wurden allerdings Details zu den Planungen des Verteidigungsministeriums für einen möglichen Einsatz deutscher Soldaten bekannt. Einem "Spiegel"-Bericht zufolge könnte Deutschland für eine internationale Schutztruppe 2500 Soldaten stellen. Die Bundeswehr könnte dem Bericht zufolge in einem Sektor einer möglichen Schutzzone mit drei robusten Kampfbataillonen die Führung der Truppe übernehmen.

Zudem gehen die Planer im Verteidigungsministerium darauf aus, dass die Bundeswehr ein "komplettes Paket" bereitstellen würde, das Aufklärer, Spezialeinheiten, Radpanzer, schwere Bewaffnung, Panzerhaubitzen, Pioniere und Minenräumer beinhalten würde. Auch Luftunterstützung im Rahmen von Aufklärung mit Tornado-Kampfflugzeugen aber auch eine bewaffnete Komponente mit Eurofightern sei angedacht.

Offiziell bestätigt ist dieses Szenario nicht. Unklar ist aber eben auch, ob sich diese Details auf die Umfrageergebnisse ausgewirkt hätten. Das Institut wertet für seine Umfragen nach eigenen Angaben die Stimmen registrierter Internetnutzer aus, die Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angegeben haben. Die Fehlerquote wurde bei beiden Fragen mit 2,5 Prozent angegeben.

Außenminister Maas will dauerhafte Waffenruhe erreichen

Der Vorschlag der Verteidigungsministerin stößt nicht nur beim Koalitionspartner SPD, sondern auch in den eigenen Reihen auf deutlichen Widerstand. Der CDU-Vizevorsitzende Armin Laschet sagte der "Augsburger Allgemeinen": "Ich glaube, so etwas kann man besser abstimmen in einer Koalition." Auf die Frage, ob es ein Fehler seiner Parteichefin gewesen sei, den Partner SPD nicht besser einzubinden, fügte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen hinzu: "Es ist dadurch jedenfalls nicht leichter geworden."

Überhaupt sei vieles noch im Ungefähren, sagte Laschet, der als Chef des größten CDU-Landesverbands in der Frage der Kanzlerkandidatur als potenzieller Konkurrent von Kramp-Karrenbauer gilt. "Was meint sie? Meint sie eine UN-Blauhelmmission? Meint sie einen Kampfeinsatz? Da sind viele Fragen offen."

Zuvor hatte bereits Außenminister Heiko Maas den Vorstoß Kramp-Karrenbauers kritisiert. Es handele sich um eine "theoretische Diskussion", für die jetzt keine Zeit sei. "Außerhalb von Deutschland diskutiert im Moment kein Mensch über Schutzzonen, sondern die diskutieren darüber, wie kriegen wir eine Waffenruhe hin", sagte Maas.

Der Außenminister brach am Samstagmorgen zu einem Kurzbesuch nach Ankara auf. Dort will er in einem Gespräch mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu auf eine dauerhafte Waffenruhe dringen. Außerdem will er die Einhaltung internationalen Rechts beim Umgang mit Flüchtlingen und eine Unterstützung der politischen Friedensbemühungen für Syrien einfordern. Ein Treffen mit Präsident Recep Tayyip Erdogan ist nicht geplant.

Russland und Türkei wollen Grenzgebiet gemeinsam kontrollieren

Die Türkei war vor gut zwei Wochen in Syrien einmarschiert, um die von ihr als Terrororganisation angesehene Kurdenmiliz YPG zu verdrängen. Zuvor hatten die bislang mit den Kurden verbündeten US-Truppen mit ihrem Abzug aus dem Gebiet begonnen. Die Türkei und Russland haben sich inzwischen darauf verständigt, das nordsyrische Grenzgebiet zur Türkei gemeinsam zu kontrollieren.

Experten forderten vor Maas' Besuch eine Rückkehr zur Zusammenarbeit mit dem Land. „Die Türkei ist und bleibt ein Nato-Partner und ein wichtiges Bindeglied für alle strategischen Fragen der Region. Wir müssen uns klar werden, was unser Interesse ist“, sagte der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Man habe an der Flüchtlingskrise gemerkt, dass man sich um bestimmte internationale Krisen kümmern müsse. "Und dafür müssen wir mit der Türkei zusammenarbeiten."

Debatte über Zusammenarbeit mit der Türkei

Für den Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Volker Perthes, sind manche Reaktionen auf die Militäroffensive der Türkei völlig überzogen. "Wenn da gesagt wurde, jetzt müssen wir aber mal die Türkei aus der Nato 'rausschmeißen ohne zu fragen, ob das überhaupt geht, oder ein totaler Exportstopp gegen die Türkei, als wollten wir die Trumpsche Forderung, die Türkei ökonomisch zu zerstören, europäisch umsetzen, das war wirklich absurd und maßlos." SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte gesagt: "Jeder muss für sich selbst prüfen, ob er noch Teil der Nato sein kann und will. Das gilt auch und gerade für die Türkei."

Der frühere SPD-Chef und Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte diese Aussagen scharf gerügt. Eine Debatte über die Nato-Mitgliedschaft der Türkei sei "skurril", sagte er dem "Tagesspiegel". Ihr Ausscheiden aus dem Bündnis würde ein "neues großes Sicherheitsrisiko an der EU-Ostgrenze schaffen". (mit dpa)

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