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Zehn Punkte gegen die Maskenaffäre. CSU-Chef Söder verkündet in München, dass er seiner Partei strenge Regeln verordnen will.

© Matthias Balk/dpa

Korruptionsfälle in der CSU: Söder versucht es auf die harte Tour

CSU-Chef Söder verlangt von allen Bundestagskandidaten Erklärungen zu Nebentätigkeiten. Damit versucht er im Rennen mit dem CDU-Vorsitzenden Laschet zu punkten.

In Krisen liegt auch eine Chance, heißt es so schön. Und wo jahrelang die Nebentätigkeiten von Abgeordneten im Nebel lagen, werden CDU und CSU nun von den Korruptionsfällen in den eigenen Reihen zum Handeln getrieben. Es entspricht dem Naturell von CSU-Chef Markus Söder, dass er noch einmal auf die Reform-Vorschläge von CDU-Chef Armin Laschet kräftig einen draufsetzt.

Beide sind angeschlagen durch die Krisen, gerade für Laschet haben sich in den vergangenen Tagen seine Chancen auf die Kanzlerkandidatur der Union nicht verbessert. Söder wäre jedenfalls nach bisherigem Stand der Kandidat des Volkes.

Im Beisein von CDU-Generalsekretär Markus Blume tritt Söder am Sonntag in München vor die Presse und versucht erstmal die längst nicht aufgeklärte Affäre um den ehemaligen bayerischen Justizminister Alfred Sauter vom Tisch zu wischen. Der legte am Sonntag nach einem Ultimatum der CSU-Führung alle Parteiämter nieder, darunter den Sitz in CSU-Vorstand und -Präsidium sowie den Vorsitz der CSU-Finanzkommission. Zugleich teilte er mit, dass er seine Mitgliedschaft in der Landtagsfraktion ruhen lasse - gegen den angedrohten Ausschluss wehrt er sich aber weiterhin, er weist eine persönliche Vorteilnahme aus der Verwicklung in Provisionszahlungen für die Vermittlung von Corona-Schutzmasken zurück.

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Dann macht Söder etwas, was gerne in Krisen getan wird, er legt einen 10-Punkte-Plan vor. „Wir stehen am Scheideweg“, sagt er. Es gehe um die grundlegende Glaubwürdigkeit, durch einige wenige sei schwerer Schaden für viele entstanden. „Wir müssen klar Schiff machen“, sagt der CSU-Chef. Es brauche neue Regeln und neuen Geist, eine neue CSU.

Parteivorstand will gegebenenfalls Einspruch bei Nominierungen erheben

Für die Bundestagswahl und alle weiteren Wahlen könne bei der CSU nur kandidieren, wer zuvor eine Integritätserklärung abgibt. „Der Parteivorstand wird von seinem Einspruchsrecht bei Nominierungen in den Stimm- und Wahlkreisen im Falle der Zuwiderhandlung Gebrauch machen", wird in dem Plan betont. Söder will bei schwerwiegenden Verstößen auch Parteiausschlussverfahren vereinfachen. Das Ganze soll in der Satzung verankert und vom Parteivorstand kommende Woche beschlossen werden.

Alle Beteiligungsverhältnisse an Unternehmen und deren Beteiligungen sowie den daraus erzielten Einkünften müssten offengelegt werden. Zudem fordert Söder den Ausschluss von gewerbsmäßigen Nebentätigkeiten bei Führungsaufgaben in den Parlamenten und eine scharfe Sanktionierung bei „Missbrauch der Abgeordnetenstellung für geschäftliche Zwecke“. Das zielt auf die Maskenaffäre ab, aber auch Beratungstätigkeiten für Regime wie in Aserbaidschan. „Man muss letztlich erklären, wem man mehr dient: Dem Amt oder dem Geld“, betont der Ministerpräsident. Im CSU-Plan heißt es zudem mit Blick auf Verbindungen nach Liechtenstein wie bei dem aus der CSU ausgetretenen Bundestagsabgeordneten Georg Nüsslein: „Wer Gegenleistungen im Rahmen einer Nebentätigkeit erhält, muss diese anzeigen.

Dies gilt explizit auch für Aktienoptionen, Provisionsversprechen und Treuhandkonstruktionen.“ Ähnliches fordert auch die CDU. Auf Nachfrage lässt Söder auch Sympathien für den Vorschlag von SPD-Vizekanzler Olaf Scholz erkennen, dass Nebeneinkünfte schon ab dem ersten Euro offengelegt werden sollen, das bisherige vage Stufen-Modell hält er für wenig transparenztauglich. Alle drei Monate soll ein neuer Compliance-Ausschuss tagen, der den eigenen Laden unter die Lupe nimmt, um das eigene Frühwarnsystem zu stärken.

Dobrindt soll Verhandlungen mit anderen Fraktionen führen

„Das ist kein zahnloser Tiger, sondern wird ein scharfes Schwert werden“, versucht Söder zu versprechen, dass dies keine Aktion sei, um den aktuellen Absturz vor der Bundestagswahl zu bremsen. Bestechung soll zudem zu einem Verbrechen hochgestuft werden. Blume betont: „Heute ist der Tag des Aufklärens und des Aufräumens.“ Doch schon der Fall Sauter hat gezeigt, wie schwierig gerade für Anwaltstätigkeiten bestimmte Offenlegungspflichten sind, es gibt das freie Mandat, Schweigepflichten. Im Bundestag soll nun CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt Verhandlungen mit den anderen Fraktionen führen.

[Mehr zum Thema: Die Aserbaidschan-Connection zweier CDU-Abgeordneter]

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, bringt wegen der Bewegung gegen den „schwarzen Filz“, wie sie sagt, ein großes Reformpaket noch vor der Sommerpause ins Spiel. „Es ist höchste Zeit, dass Abgeordnete in Zukunft alle Nebeneinkünfte auf Euro und Cent veröffentlichen müssen. Das haben CDU/CSU und SPD zuletzt in der Rechtsstellungskommission des Bundestages am 28. Januar 2021 abgelehnt“, kritisierte Haßelmann. Jede Lobbytätigkeit für Geld müsse für Abgeordnete verboten werden. Und es müsse immer erkennbar sein, wer wie Einfluss auf Gesetze genommen hat. Der vorliegende Vorschlag von CDU/CSU und SPD für ein Lobbyregister, der kommenden Donnerstag beschlossen werden soll, sehe das nicht vor. „Wer es ernst meint mit dem Ankündigen zu mehr Transparenz, darf den Gesetzentwurf zum Lobbyregister so nicht beschließen.“

Das Europaparlament verfügt über strengere Regeln als der Bundestag, wenn es um den Umgang mit Lobbyisten geht.
Das Europaparlament verfügt über strengere Regeln als der Bundestag, wenn es um den Umgang mit Lobbyisten geht.

© Georges Gobet/AFP

Striktere Regeln in Brüssel

Das Europaparlament verfügt über weit striktere Regelungen als der Bundestag, wenn es um die Einflussnahme von Lobbyisten geht. Laut einem Beschluss des EU-Parlaments von Anfang 2019 müssen führende Europaabgeordnete offenlegen, mit welchen Lobbyisten sie bei der Erarbeitung von Gesetzesvorschlägen Treffen anberaumt haben. Das gilt bei der Gesetzgebung in Brüssel unter anderem für Ausschussvorsitzende und die so genannten Berichterstatter, welche die Federführung bei der Erarbeitung der Legislativvorschläge haben. Zudem dürfen sich die Abgeordneten nur mit Lobbyisten treffen, die in das Transparenzregister der EU eingetragen sind. Das Register  des EU-Parlaments und der Brüsseler Kommission ist öffentlich zugänglich. Auch EU-Kommissare müssen ihre Lobbytreffen im Internet veröffentlichen.

Zwar ist die Registrierung für die Lobbyisten in dem Register freiwillig. Aber die erforderlichen Angaben sind recht weit gehend. So muss angegeben werden, an welchen Ausschüssen und Foren die Interessenvertreter teilgenommen haben und wie viel Geld und Personal für diese Tätigkeit mobilisiert wurde.

Geplant ist in Brüssel eine Weiterentwicklung des Transparenzregisters; künftig sollen die Lobby-Tätigkeiten im Parlament, der Kommission und dem Rat der Mitgliedstaaten zusammengefasst werden. Ende des vergangenen Jahres wurden unter deutscher EU-Präsidentschaft die entsprechenden Pläne vorgestellt. Neu ist, dass künftig auch Mitglieder des Rates ihre Kontakte mit Lobbyisten offenlegen müssen. Angesichts der Diskussion um ein Lobbyregister für den Bundestag sagte der Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) seinerzeit: „Ich kann jetzt nach Hause fahren und sagen, die EU hat geliefert. Vielleicht motiviert und inspiriert das auch.“

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