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Innenministerin Nancy Faeser am Donnerstag bei einem Treffen mit ihren EU-Amtskollegen in Lille.

© Michel Spingler/dpa

Kontroverse um Asylpolitik: Gegenwind für Faeser bei EU-Treffen

Innenministerin Faeser wirbt bei der Migrationspolitik für eine „Koalition der Willigen“. Aber Frankreichs EU-Vorsitz legt die Prioritäten anderswo.

Es sind zwei ganz unterschiedliche Akzente, die derzeit von Deutschland und Frankreich in der EU-Migrationspolitik gesetzt werden. Während Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) beim EU-Innenministerrat am Donnerstag noch einmal für ihre Idee einer „Koalition der Willigen“ bei der Flüchtlingsaufnahme warb, setzte ihr französischer Amtskollege Gérald Darmanin bei dem informellen Treffen in Lille einen anderen Ton.

„Wir müssen die Idee akzeptieren, dass wir unseren gemeinsamen Raum besser kontrollieren müssen, wegen der Fragen des Terrorismus, wegen der Fragen der Einwanderung, wegen der Fragen des Asyls“, sagte Darmanin.

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Frankreich befindet sich im Wahlkampf vor der Entscheidung über das Präsidentenamt im April. Deshalb hat Staatschef Emmanuel Macron, der in knapp drei Monaten wiedergewählt werden will, eine Reform des Schengen-Raums ins Auge gefasst, die – kurz gefasst – auf ein robusteres Auftreten der Europäer in der Migrationspolitik hinauslaufen würde.

Macron wünscht sich, dass sich bereits in einem Monat am 3. März erstmals ein neuer Schengen-Rat zusammensetzt. Das Gremium soll künftig dafür sorgen, dass die Staaten den Schengen-Raums schneller auf Notlagen wie die Flüchtlingskrise an der polnisch-belarussischen Grenze reagieren können.

Während sich Macron dabei in erster Linie vorstellt, dass sich die Staaten des Schengen-Raum mit Grenzschützern untereinander aushelfen und nicht asylberechtigte Migranten schnell wieder abschieben, hatte die deutsche Innenministerin Faeser zu Beginn des Jahres nach einem Treffen mit EU-Innenkommissarin Ylva Johansson für eine „Koalition der aufnahmebereiten Mitgliedstaaten“ geworben.

Faeser schwebt vor, dass eine Gruppe von Staaten bei der Aufnahme von Flüchtlingen vorangeht und so die seit Jahren bestehende Blockade bei der Reform des EU-Asylsystems beendet. Bei dem Treffen mit ihren Amtskollegen erklärte sie am Donnerstag: „Deutschland steht nach wie vor für ein offenes, menschliches Europa.“

Darmanin erinnert an Vereinbarung mit Italien und Malta

Zwar pflichtete Faesers Pariser Amtskollege Darmanin ihr vor der Begegnung in Lille mit den Worten bei, dass Frankreich gemeinsam mit Deutschland in der Vergangenheit Solidarität bei der Aufnahme von Bootsflüchtlingen aus dem Mittelmeer gezeigt habe. Darmanin erinnerte daran, dass Paris gemeinsam mit Berlin im Jahr 2019 eine Vereinbarung mit Italien und Malta zur Aufnahme von Bootsflüchtlingen unterstützt hatte. Allerdings geht es dem derzeitigen französischen EU-Vorsitz in erster Linie darum, zunächst einmal die von Macron geforderte Reform des Schengen-Raums voranzubringen.

Frankreichs Innenminister verteidigt Einsatz von „Eurodac“

Damit will Paris zumindest eine Etappe beim Langzeit-Projekt zur Schaffung eines neuen EU-Asylsystems bewältigen. Wie Darmanin weiter ausführte, habe es einen guten Grund, dass ankommende Migranten an den EU-Außengrenzen einem so genannten Screening unterzogen würden. Der französische Innenminister verteidigte daher den Einsatz des europäischen Informationssystems „Eurodac“ bei der Registrierung von Migranten.

Aus der Sicht der französischen Regierung ist ein robusterer Schutz der EU-Außengrenzen die Voraussetzung dafür, dass die von Faeser vorgeschlagene „Koalition der Willigen“ bei der Flüchtlingsaufnahme überhaupt ins Werk gesetzt werden kann.

Dass die „Koalition der Willigen“ noch ausbaufähig ist, ließ sich auch an den Worten der deutschen Ministerin in Lille ablesen. Sie verwies darauf, dass Macron zuvor bei einem Treffen mit den EU-Innenministern in Tourcoing von zwölf aufnahmebereiten Staaten gesprochen habe. Allerdings sei diese Zahl „sehr optimistisch“, fügte Faeser hinzu.

Österreichs Innenminister Gerhard Karner machte derweil deutlich, dass er die Linie Frankreichs unterstützt, in einem ersten Schritt den Schengen-Raum zu reformieren. „Wir brauchen einen stärkeren, einen robusteren Außengrenzschutz“, sagte Faesers Wiener Amtskollege. „Das ist die Allianz der Vernünftigen.“

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