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Silvesternacht. Die Polizei stoppte in Köln zahlreiche Männer.

© dpa

Kontrollen in der Silvesternacht: Kölner Polizei korrigiert sich – mal wieder

An Silvester wurden in Köln offenbar deutlich weniger Nordafrikaner kontrolliert als zunächst angenommen. Die Mehrzahl der Überprüften stammte aus dem Irak und aus Syrien.

Die Kölner Polizei hat ganz offensichtlich ein Kommunikationsproblem. Am Freitag, volle 13 Tage nach der Silvesternacht, stellte Polizeipräsident Jürgen Mathies eine erste Bilanz der Datenauswertung von Personen vor, die zum Jahreswechsel rund um den Kölner Hauptbahnhof und Dom kontrolliert wurden. Die überraschende Erkenntnis: Am 31. Dezember kamen möglicherweise deutlich weniger Nordafrikaner nach Köln als zunächst angenommen – und als von der Polizei kurz nach dem Einsatz kommuniziert.

Damals war von bis zu 2000 nordafrikanischen Männern die Rede, die in großen Gruppen per Zug nach Köln gereist seien; viele seien durch aggressives Verhalten aufgefallen. Nur das konsequente Eingreifen der Polizei hätte Straftaten wie im Vorjahr verhindert, so Jürgen Mathies damals. In der Folge verschärfte sich die ohnehin schon negative Stimmung gegenüber Nordafrikanern weiter. Die Übergriffe in Köln bei der Silvesterfeier 2015, das von einem Tunesier verübte Attentat in Berlin und das wiederum hohe Aggressionspotenzial am Silvestertag 2016 brachten Nordafrikaner so sehr ins Zwielicht, dass die Bundesregierung nordafrikanischen Staaten sogar mit dem Entzug der Entwicklungshilfe droht, wenn sie bei der Rücknahme abgelehnter Asylbewerber nicht besser kooperieren. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Angaben der Kölner Polizei vom Freitag durchaus bedeutsam.

Nordafrikaner in der Minderheit

Danach nahm die Polizei am 31. Dezember 2500 Überprüfungen vor, wobei viele Personen gleich mehrfach erfasst wurden. Zieht man die Doppelregistrierungen ab, bleiben 674 überprüfte Personen. Bei 425 von ihnen konnte bislang die Nationalität festgestellt werden. Es handelt sich um 99 Iraker, 94 Syrer, 48 Afghanen und 46 Deutsche, 17 Marokkaner und 13 Algerier. Die Ermittlungen zu den übrigen kontrollierten Personen dauert an.

Die Mehrzahl der Kontrollierten, das legen die Daten nahe, waren offenbar Flüchtlinge, nicht aber Nordafrikaner. Wie viele dieser Personen tatsächlich vorhatten, Straftaten zu begehen, und wie viele nur zum Feiern in die Domstadt kamen, ist zudem ungewiss. Dass die Polizei durch ihre starke Präsenz, verstärkte Kontrollen, Platzverweise und Festnahmen Übergriffe verhindert hat, scheint aber ebenso klar. Denn es bleibt dabei: An Silvester reisten große Männergruppen nach Köln, die teilweise durch aggressives Verhalten auffielen. Insofern kann der Polizei-Einsatz selbst weiter als erfolgreich gewertet werden. Drei Sexualdelikte wurden bei der Polizei angezeigt, im Vorjahr waren es mehrere Hundert gewesen.

Präsentation und nachgeschobene Erklärungen

Die Kommunikation der Kölner Polizei erscheint indes immer fragwürdiger. In einem Tweet hatte sie am 31. Dezember unter anderem mitgeteilt, am Hauptbahnhof würden „mehrere Hundert Nafris“, sprich Nordafrikaner, überprüft. Mathies entschuldigte sich später für die Verwendung des Begriffs „Nafris“, der nicht nur von der Grünen Politikerin Simone Peter als abwertend kritisiert wurde. Erst 13 Tage nach der Silvesternacht präzisiert der Kölner Polizeipräsident nun die Nationalitäten kontrollierter Personen und offenbart damit wiederum einen äußert schlampigen Umgang mit Begrifflichkeiten. Offenbar wurde hier jeder, der vermeintlich arabischer oder persischer Herkunft war, kurzerhand als „Nordafrikaner“ tituliert – öffentlich wohlgemerkt. Die Reaktion auf die Reaktion der vorgestellten Datenauswertung schließlich ist an Ignoranz kaum noch zu überbieten. „Kölner Polizei korrigiert Angaben zur Silvesternacht“, überschrieb etwa der WDR am Freitag eine Online-Meldung zum Pressegespräch des Polizeipräsidenten mit ausgewählten Journalisten am Vormittag. Die Polizei schob darauf eilig eine Presseerklärung nach: „Aus aktuellen Ermittlungsverfahren ist bekannt, dass sich insbesondere junge Männer, die nicht die Anforderungen für die Anerkennung als Asylsuchende erfüllen, als Kriegsflüchtlinge aus Syrien ausgeben. Es ist daher nicht auszuschließen, dass sich unter den 425 Personen noch eine größere Anzahl nordafrikanischer junger Männer befindet.“

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