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Polizeibeamte und Polizeifahrzeuge stehen am Dienstag vor der Moschee des Deutschsprachigen Islamkreises Hildesheim e.V. (DIK) in Hildesheim (Niedersachsen).

© Holger Hollemann/dpa

Kontakt zu Berlin-Attentäter Anis Amri: Salafistenorganisation "Islamkreis Hildesheim" verboten

Möglicherweise wurde Anis Amri in dem Verein "Deutschsprachiger Islamkreis Hildesheim (DIK)" auf die Idee gebracht, mit einem Lkw in den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz zu fahren.

Von Frank Jansen

Die Existenz einer der mutmaßlich gefährlichsten Salafistenorganisationen in Deutschland ist beendet. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat am Dienstag den Verein „Deutschsprachiger Islamkreis Hildesheim (DIK)“ verboten. Die Polizei durchsuchte zudem die Moschee des DIK in Hildesheim sowie die Wohnungen von acht Personen, die dem Verein zugeordnet werden. Nach Angaben des Ministeriums waren 368 Einsatzkräfte unterwegs. „Mit dem Vereinsverbot wurde ein Hotspot der radikalen Salafistenszene in Deutschland zerschlagen“, sagte Pistorius. Die Maßnahme richte sich „ausdrücklich nicht gegen die vielen, friedlich hier lebenden Muslime, sondern gegen verblendete Fanatiker, die diese Weltreligion für ihre Zwecke missbrauchen und Terrororganisationen wie den selbst ernannten ,Islamischen Staat‘ und dessen menschenverachtenden Ziele unterstützen“, betonte der Minister.

Der DIK spielte bei mehreren Terrorverfahren eine Rolle. Im November 2016 nahm die Polizei den Anführer des Vereins, den Prediger Ahmad Abdulaziz Abdullah A. fest. Der Mann ist in der Szene bundesweit als „Abu Walaa“ bekannt. Gegen ihn und vier weitere Salafisten, die auch festgenommen wurden, ermittelt die Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts, ein „überregionales salafistisch-dschihadistisches Netzwerk“ gebildet zu haben. Abu Walaa und seine Anhänger sollen Muslime radikalisiert und animiert haben, in Syrien und Irak für den IS zu kämpfen. Zumindest die Schleusung eines Deutschen ins Kriegsgebiet ist laut Bundesanwaltschaft nachweisbar.

Sturmgewehre für einen Anschlag

Kontakt zum DIK unterhielt offenbar auch der Berlin-Attentäter Anis Amri. Möglicherweise wurde er in dem Hildesheimer Verein auf die Idee gebracht, mit einem Lkw in den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz zu fahren, um Menschen zu töten. Eine V-Person des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen hatte Kontakt zu Abu Walaa und berichtete, im Keller der DIK-Moschee sei über Todesfahrten mit Lastwagen in Menschenmengen gesprochen worden. Der in die Szene eingeschleuste Informant stand auch in Verbindung zu Anis Amri. Der Spitzel warnte die Polizei das LKA vor Amri und dessen ursprünglichen Plan, Sturmgewehre für einen Anschlag zu beschaffen. Die Sicherheitsbehörden hielten die Hinweise jedoch für übertrieben.

In der DIK-Moschee verkehrte zudem nach Erkenntnissen des niedersächsischen Verfassungsschutzes auch der Salafistenprediger Sven Lau. Er gilt neben Abu Walaa als einer der Wortführer der Szene und ebenfalls als terrorverdächtig. Im September 2016 begann am Oberlandesgericht Düsseldorf der Prozess gegen Lau. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm die Unterstützung der Terrorvereinigung Jaisch al-Muhadschirin wal-Ansar (Jamwa) vor. Die 2013 gegründete Jamwa kämpft in Syrien, ein Teil hat sich dem IS angeschlossen.

Das Verbot des DIK Hildesheim war schon seit Monaten zu erwarten. Im Juli 2016 durchsuchte die Polizei bereits die Moschee des Vereins sowie die Wohnungen von Vorstandsmitgliedern. Die Auswertung des damals sichergestellten Beweismaterials habe den Verdacht bestätigt, Muslime seien im DIK „in konspirativer Art und Weise zielgerichtet radikalisiert“ und dazu bewegt wurden, nach Syrien und Irak auszureisen und sich dem IS anzuschließen, teilte das Innenministerium mit.

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