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Gottesdienst im Berliner Dom.

© Christophe Gateau/dpa

Konsum ist verzichtbar, Hoffnung überlebenswichtig: Gott braucht Gottesdienste nicht – wir brauchen sie

Sollten Kirchen Heiligabend offen sein? Ja, denn das Virus bedroht auch unsere Seele. Umso wichtiger ist da die Botschaft des Engels: „Fürchtet euch nicht!“

Schließen jetzt? Oder warum sollen die Kirchen eigentlich offen sein am Heiligen Abend? Das wird in diesen Tagen immer wieder gefragt. Eine Antwort heißt: Weil viele Menschen die offenen Türen brauchen, gerade in diesem Jahr. Sie brauchen die Kirchen, die Krippe, die Kerzen oder die Musik, die Weihnachtsgeschichte. Hier finden sie Halt und Kraft, finden sie zurück zum inneren Kompass; hier finden sie neue Gelassenheit und innere Freiheit.

Nein, Gott braucht die Gottesdienste nicht - wir Menschen brauchen sie. Wir „halten“ keine Gottesdienste, vielmehr halten sie uns. Konsum ist verzichtbar, Nahrungsmittel sind überlebensnotwendig – aber Sinn, Hoffnung ist lebenswichtig. Für sehr viele Menschen in unserem Land ist die Kirche nicht system-, sondern existenzrelevant, sagt Wolfgang Huber, der frühere Berliner Bischof und EKD-Ratsvorsitzende. Für die werden Gottesdienste angeboten.

[Lesen Sie auch den Kommentar von Malte Lehming: Die Kirchen müssen Nein sagen – auch an Heiligabend]

Was schon im Normalbetrieb gilt, gilt umso mehr in Zeiten der Krise, seit alters her: In Gottesdiensten finden Menschen Sinn, Selbst-Bewusstsein, Halt, Vertrauen auf das Morgen… - die Feier, wenn sie gut ist, pustet die Seele durch, richtet auf.

Denn das Virus bedroht ja nicht nur unseren Körper, sondern auch unsere Seele. Die einen macht es einsam, die anderen trübsinnig. Es geht darum, dass Menschen am Heiligen Abend ihre Seele für eine Stunde in die Sonne halten können. Danach suchen viele Menschen in dieser Zeit.

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Und auch unsere Gesellschaft braucht das: damit wir innerlich immun bleiben gegen Menschen, die in den vergangenen Wochen gegen Masken, unseren Rechtsstaat und menschlichen Zusammenhalt zu Felde ziehen.

Für viele Menschen und auch für unsere Gesellschaft ist es so wichtig, dass es am Heiligen Abend kirchliche Orte gibt, wo der Engel der Weihnachtsgeschichte uns zuruft: „Fürchtet euch nicht!“

Die Gläubigen und ihre Seelsorger gehen nach Möglichkeit raus, an die frische Luft. „Weihnachten unter dem Sternenzelt“ – auch als Signal gegen die kruden „Verquerdenker“. Den Unvernünftigen dürfen doch die öffentlichen Plätze nicht überlassen werden.

Für alle, die einen Ort zum Hingehen brauchen, sollte die Kirche da sein

Anders als sie halten sich die kirchlichen Gemeinden seit März verantwortungsvoll strikt an die Hygienebestimmungen. Ostern waren sie noch nicht so weit: Jetzt sind sie es. Darum laden sie ein. Am 24., dem Tag der Tage. An den anderen sei es, wie Paulus an die Korinther schreibt: Verzicht um der Liebe Willen, aus Rücksicht auf alle, damit sie gerettet werden.

Natürlich gilt es, großes Verständnis für alle zu haben, die in diesem Jahr lieber zu Hause bleiben und Gottesdienste am Fernsehen, im Radio oder im Internet mitfeiern wollen. Gut so, Gott kennt viele Wege, ER wird auch zu Ihnen kommen. Verzicht ist kein Verzicht auf den Glauben. Aber für alle, die am Heiligen Abend einen Ort zum Hingehen brauchen, sollten die Kirche da sein: verantwortungsvoll, aber da.

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