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Seit Jahren Partnerin der Bundesregierung, nun für das Auswärtige Amt nach Meinung von Kritikern nicht tragbar: Nurhan Soykan, Vizechefin des Zentralrats der Muslime.

© picture alliance / Guido Kirchne

Konflikt um Beraterin des Auswärtigen Amtes: Soykan-Fürsprecher warnt vor „Kultur des Verdachts“

Abgeordnete und Religionsexperten haben Nurhan Soykan hart kritisiert. Nun melden sich die Fürsprecher der Vizechefin des Zentralrats der Muslime zu Wort.

Von Hans Monath

In der Debatte über die Berufung von Nurhan Soykan als Beraterin durch das Auswärtige Amt hat der SPD-Innenexperte Helge Lindh vor einer „Kultur des Verdachts“ gewarnt. Die teils heftigen Angriffe von Bundestagsabgeordneten oder Islamexperten auf die Person Nurhan Soykan seien nach dem Sachstand „befremdlich und nicht angemessen“, sagte der Bundestagsabgeordnete.

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Kritiker werfen der stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) vor, sie grenze sich nicht genügend von Antisemitismus und Islamismus ab. Das Auswärtige Amt hatte daraufhin am Mittwoch mitgeteilt, es lasse die Arbeit an dem Projekt "Religion und Außenpolitik" vorerst "ruhen", an dem Soykan beratend hätte mitwirken sollen.

„Nurhan Soykan wird von den Kritikern in die Nähe von Genozid-Leugnern, Islamisten und Antisemiten gerückt, aber ich kenne bisher keine Äußerung von ihr, die ein solches hartes Urteil rechtfertigt“, meinte Lindh. Auch sei die Vizechefin des Rats kein Mitglied des umstrittenen Verbandes Atib, der auch zum Zentralrat gehört. Er war nach Einschätzung des Bundesverfassungsschutzes von der extrem nationalistischen Organisation Graue Wölfen gegründet  worden.

Der Wuppertaler SPD-Abgeordnete Helge Lindh, hier bei einer Debatte im Bundestag, ist wegen seines Engagements für Flüchtlinge massiven Angriffen ausgesetzt.
Der Wuppertaler SPD-Abgeordnete Helge Lindh, hier bei einer Debatte im Bundestag, ist wegen seines Engagements für Flüchtlinge massiven Angriffen ausgesetzt.

© dpa

„Wer Nurhan Soykan so scharf angreift, greift auch ihren Verband und die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit islamischen Verbänden grundlegend an“, warnte der SPD-Politiker. Diese sei aber weiter nötig und müsse als „kritischer und konstruktiver Dialog“ weitergeführt werden.

Grundsätzlich gelte, dass in der deutschen Debatte über den Islam und Muslime oft „doppelte Maßstäbe“ angewandt würden und über Islam-Vertreter härter geurteilt werde als über Vertreter anderer Religionen und Gruppen. „Manchem Kritiker geht es nicht um diese Beraterin des Auswärtigen Amtes, sondern um eine grundsätzliche Abrechnung“, meinte der Innenexperte. Ein solches Vorgehen könne bei islamischen Gläubigen den Eindruck verstärken, die deutsche Mehrheitsgesellschaft lehne sie ab.

Zuvor hatte auch der Vorsitzende des Zentralrats, Aiman Mazyek, seine Stellvertreterin verteidigt. Diese habe „Zeit ihres Lebens für Versöhnung, Dialog und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft“ gestanden, schrieb er auf Twitter. Zudem engagiere sich Soykan seit mehr als zehn Jahren für den christlich-muslimischen sowie den muslimisch-jüdischen Dialog.

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Ein Sprecher des Auswärtigen Amts hatte am Mittwoch betonte, dass es Kritik wie auch Zustimmung unter anderem von religiösen Verbänden gegeben habe. In den kommenden Tagen solle dazu ein intensiver Austausch starten. Es sei wichtig, Kritikpunkte anzugehen und auch Missverständnisse - etwa zur Rolle der Religionsvertreter - auszuräumen. Ziel des Austauschs sei eine breite Unterstützung. Ähnlich wie Lindh sagte der Sprecher, ein Teil der Wortmeldungen - insbesondere in den Sozialen Medien - sei leider auch von antimuslimischen Ressentiments und offenem Rassismus geprägt gewesen. Dies weise man auf das Schärfste zurück. 

Der Zentralrat der Muslime bedauerte die Entscheidung des Auswärtigen Amtes, das Projekt „Religion und Außenpolitik“ ruhen zu lassen. Dies heiße man nicht gut, erklärte der Verband. Sie rühre aus den persönlichen Attacken auf Vizechefin Soykan, die "mit haltlosen Vorwürfen und Mutmaßungen" konfrontiert worden sei. "Diese rufmordähnliche Kampagne, die politisch motiviert und ehrverletzend ist, weisen wir aufs Schärfste zurück", heißt es weiter. Die Einschüchterungsversuche zielten letztlich darauf ab, die Stimme "des ZMD insgesamt mundtot zu machen".

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