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Gesprächsbedarf. Irans Atom-Unterhändler Ali Bagheri Kani trifft EU-Vertreter Enrique Mora am 11. Mai 2022 in Teheran.

© IMAGO/ZUMA Wire

Konflikt mit dem Iran: Nicht auch noch der Nahe Osten

Ob aus dem dem Iran-Atomabkommen noch etwas wird, ist alles andere als eine profane Frage. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Woche für Woche der bange Blick nach Wien und in die beteiligten Hauptstädte: Wird noch was aus dem Iran-Atomabkommen? Die Frage ist nicht profan; denn die Welt kann gerade alles brauchen, nur keinen Konflikt oder sogar Krieg im Nahen Osten.

Alles ist möglich, wenn eine Einigung scheitert. Israel behält sich ausdrücklich eine „Aktion“ für den Fall vor, dass das Mullah-Regime dem Besitz von nuklearen Waffen gefährlich nahe kommt. Davon zeugen Manöver der Streitkräfte, die es so noch nicht gegeben hat: Training für einen Mehrfrontenkrieg und für Luftschläge gegen einen Gegner, der nicht an den Landesgrenzen steht. Was eindeutig als Warnung an Teheran gedacht ist.

Verständlich wird das vor dem Hintergrund, dass die iranische Führung stolz darauf ist, 1000 fortgeschrittene Zentrifugen zur Urananreicherung in Dienst stellen zu können. Die liegt inzwischen bei 60 Prozent, heißt es. Bis zum Schwellenwert von 90 Prozent und zur Atombombe ist es nicht mehr weit. Von wegen, dass zwei Drittel der Zentrifugen abgebaut werden; dass für zehn Jahre maximal 5060 Zentrifugen der ersten Generation genutzt werden; dass für 15 Jahre Uran nicht über 3,67 Prozent angereichert wird. Und das ist noch nicht alles, was nicht erfüllt wird. Von Kontrollen zu schweigen.

Verhandlungen seit einem Jahr

Seit einem Jahr wird verhandelt. Wird das Abkommen erneuert, wiederbelebt, fallen die Sanktionen und Hunderte Milliarden Dollar werden für den Iran frei. Nur politische Fragen seien noch offen, sagt Teheran. Wie diese: Die Iranischen Revolutionsgarden sollen von der US-Terrorliste genommen werden; der Iran wiederum soll die Terrororganisationen Hamas und Hisbollah nicht mehr unterstützen – und Israel endlich nicht länger auslöschen wollen.

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Es sieht nicht gut aus. Für Russland, einen der Staaten, der bisher für das Zustandekommen wichtig war, muss dringend Ersatz gefunden werden; angesichts des Vernichtungskriegs in der Ukraine wird keiner mehr Uranmaterial aus dem Iran nach Russland überstellen wollen. Zunehmend schwierig wird außerdem, dass Israel, der Staat, dem der Iran ausdrücklich mit Vernichtung droht, nicht an den Verhandlungen beteiligt ist.

Die US-Botschafterin bei den UN, Linda Thomas Greenfield, schließt ein Scheitern der Verhandlungen nicht länger aus. Vielleicht aber baut sie höheren Druck auf: Gerade ist Verhandlungspause in Wien. Indirekt und informell laufen die Gespräche weiter. Jetzt wird einer der Architekten des (alten) Atomabkommens, Frank-Walter Steinmeier, bedauern, nicht mehr Außenminister zu sein. Ob seine Nachfolgerin Annalena Baerbock die Sache rettet? Mit ihrem Engagement täte sie nicht nur ihm, sondern der Welt einen Gefallen.

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