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Der türkisch Premier Ahmet Davutoglu.

© REUTERS

Konflikt in Syrien: Kampf mit den Kurden

Die Türkei und die USA streiten um den Syrien-Einsatz. Ankara hat nun sogar den amerikanischen und den russischen Botschafter einbestellt.

Mit einer außergewöhnlichen diplomatischen Geste hat die Türkei am Mittwoch ihren Ärger über die wachsende Rolle der Kurden im Konflikt im Nachbarland Syrien gezeigt: Das türkische Außenministerium bestellte sowohl den amerikanischen als auch den russischen Botschafter ein, um gegen „inakzeptable“ militärische und politische Unterstützung für die syrische Kurdenpartei PYD zu protestieren. Sollten die Kurden zu einer Bedrohung für die Türkei werden, würden sie bekämpft, sagte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu. Während die USA die syrischen Kurden als Partner sehen, empfinden die Türken sie als Gefahr. Dieser Interessenkonflikt wird sich so schnell nicht beilegen lassen.

Waffenlieferungen der USA im Umfang von 50 Tonnen an Rebellen im Norden Syriens hatten die Türkei in den vergangenen Tagen aufgeschreckt. Das Kriegsgerät soll bei einer geplanten Offensive gegen den „Islamischen Staat“ (IS) zum Einsatz kommen, doch Ankara befürchtet, dass die PYD mit den Waffen versuchen wird, ihr Einflussgebiet in Syrien auszuweiten.

Nach Presseberichten sollen sich an der Offensive gegen die IS-„Hauptstadt“ Raqqa rund 20 000 Kurdenkämpfer und 5000 arabische Milizionäre als Bodentruppen beteiligen, während US-Kampfjets die Dschihadisten aus der Luft angreifen. Nach amerikanischen Angaben waren die jetzt über Nordsyrien abgeworfenen Waffen für arabische Milizen bestimmt. In Ankara glaubt das offenbar niemand.

Die Türkei werde keine Kooperation mit einer „Terrororganisation“ hinnehmen, sagte Davutoglu. Ankara betrachtet die PYD als Terrorgruppe, weil sie der syrische Ableger der türkisch-kurdischen Rebellengruppe PKK ist. Nach Angaben des türkischen Premiers flohen in den vergangenen Wochen einige PKK-Kämpfer wegen der türkischen Luftangriffe auf Stellungen der Kurdenrebellen aus dem Nordirak nach Syrien, wo sie sich der PYD anschlossen. Es gebe „organische Verbindungen“ zwischen beiden Gruppen.

Angst vor einem Kurdenstaat

Ankara befürchtet, dass die PYD im Norden Syriens einen Kurdenstaat gründen könnte. Mit besonderer Aufmerksamkeit blickt die türkische Regierung auf die nordsyrische Stadt Jarablus am Westufer des Euphrat; das PYD-Gebiet reicht derzeit bis zum Ostufer des Stromes. Sollten die Kurden versuchen, über den Euphrat zu setzen und Jarablus einzunehmen, wäre das für die Türkei wahrscheinlich ein Grund für eine Militärintervention. Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Mittwoch, es gebe keinen Unterschied zwischen der PYD und dem IS.

Anders als der Nato-Verbündete Türkei sieht Washington die PYD nicht als Terrortruppe, sondern als wichtigsten Helfer des Westens im Kampf gegen den IS. Auch Russland knüpft Kontakte zu den syrischen Kurden. Vergangene Woche traf sich ein hochrangiger Vertreter Moskaus mit PYD-Chef Salih Müslim.

Besonders nach dem Scheitern des US-Ausbildungsprogramms für eine neue Truppe syrischer Rebellen sind die USA in dem Bürgerkriegsland auf Verbündete angewiesen, auf die sie sich beim Vorgehen gegen den IS verlassen können. Bisher hat sich Washington von den türkischen Einwänden nicht beirren lassen. Die Einrichtung einer Schutzzone in Nordsyrien, wie sie von der Türkei gefordert wird, trifft dagegen auf kühle Reaktionen in der amerikanischen Hauptstadt.

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