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In Trümmern. Nach den Angriffen auf Sanaa.

© AFP/ Mohammed Huwais/AFP

Konflikt im Jemen: Die Emirate ändern ihre Strategie

Im Jemen gingen die Vereinigten Arabischen Emirate einer Konfrontation mit den Huthi zuletzt aus dem Weg. Doch jetzt mischen sie wieder im Konflikt mit.

Der Krieg im Jemen lodert wieder auf. Bei den schwersten Luftangriffen der saudisch geführten Kriegsallianz seit Jahren starben am Dienstag mehr als 20 Menschen. Die Luftschläge waren die Vergeltung für einen tödlichen Drohnenangriff der iranisch unterstützten Huthi- Rebellen in Abu Dhabi, der Hauptstadt mit Saudi-Arabien verbündeten Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Mit der neuen Eskalation sinken die Hoffnungen auf ein Ende des Krieges durch Gespräche zwischen Saudi-Arabien und dem Iran.

Mehr als tausend Kilometer liegen zwischen dem Jemen und Abu Dhabi. Trotzdem schafften es die Huthis am Montag, ein Rohöl-Lager in der Hauptstadt anzugreifen. Drei Menschen starben, sechs weitere wurden verletzt. Ein weiterer Angriff zielte auf den Flughafen von Abu Dhabi. Die Huthis setzten nach eigenen Angaben Raketen und Drohnen ein.

Die Anti-Huthi-Allianz schlug mit mindestens zwei Wellen von Luftangriffen in der von den Rebellen kontrollierten Hauptstadt Sanaa zurück. Unter den Todesopfern waren Zivilisten und ein ehemaliger Huthi-Offizier.

Saudi-Arabien hatte auf Betreiben des heutigen Kronprinzen Mohammed bin Salman im März 2015 in Erwartung eines schnellen Sieges über die Huthis in den Krieg zwischen den Rebellen und der Regierung im Jemen eingegriffen; auch die VAE gehören zur saudischen geführten Kriegsallianz. Trotz der Angriffe des Bündnisses beherrschen die Huthis heute viele Gegenden im Westen und Süden des Jemen sowie Sanaa.

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In dem Konflikt, einem Stellvertreterkrieg zwischen den regionalen Rivalen Saudi-Arabien und Iran, starben Tausende Zivilisten getötet und das Land stürzte in eine Hungersnot. Ein Erfolg der Huthis im Jemen würde ihnen – und damit auch dem Iran – eine Machtposition am Ostufer des Roten Meeres sichern, der Zufahrt zum weltwirtschaftlich bedeutsamen Suez-Kanal.

Huthi-Rebellen greifen immer wieder Flughäfen und Öleinrichtungen in Saudi-Arabien an, hatten die Emirate aber bisher weitgehend geschont, weil die ihr direktes militärisches Engagement im Jemen ab 2019 reduziert hatten. Die VAE rüsteten separatistische Truppen im Süden Jemens aus.

Ende des Konflikts rückt damit in weite Ferne

Die VAE-treuen Truppen gingen einer Konfrontation mit dem Huthis lange aus dem Weg, doch das hat sich in jüngster Zeit geändert. Die von den Emiraten unterstützte „Brigade der Riesen“ aus dem Süden Jemens drängte die Huthis vorige Woche aus der ölreichen Gegend um die Stadt Shabwa ab. Den „Riesen“ gehören laut Medienberichten vor allem radikal-sunnitische Kämpfer an, während die Huthis zu den schiitischen Muslimen zählen. Auch an Kämpfen um die Öl-Provinz Marib Anfang Januar waren die „Riesen“ beteiligt.

Für die Huthis waren die Angriffe der VAE-„Riesen“ empfindliche Rückschläge, denn die Bodenschätze von Shabwa und Marib würden einen Huthi-Staat im Jemen wirtschaftlich lebensfähig machen. Das erklärt, warum die Rebellen ihre Zurückhaltung gegenüber den Emiraten aufgegeben haben. Raketen- und Drohnentechnik aus dem Iran ermöglichen es den Huthis, auch weit jenseits der jemenitischen Landesgrenzen zuzuschlagen. Die US-Denkfabrik Washington-Institut für Nahostpolitik kommentierte, die Angriffe auf Abu Dhabi hätten eine neue Front im Jemen-Krieg eröffnet.

Ein Ende des Konflikts rückt damit in weite Ferne. Im vergangenen Jahr hatten Vertreter von Saudi-Arabien und Iran erstmals seit 2016 wieder direkt miteinander geredet. Auch die VAE und der Iran verstärkten ihre Kontakte. Das nährte Hoffnungen auf eine Einigung im Jemen.

Nun sind die Vereinten Nationen besorgt, dass die neue Eskalation im Jemen das Land noch tiefer ins Elend stoßen wird. Schon die jüngsten Kämpfe um Shabwa und Marib hätten zivile Einrichtungen und Trinkwasserspeicher beschädigt und zerstört, erklärte UN-Menschenrechtskommissarin Ravina Shamdasani. Seit Jahresbeginn zählten die UN mehr als 800 Luftangriffe der saudischen Koalition und zehn Drohnenangriffe der Huthis auf saudisches Gebiet. Es gebe keine militärische Lösung für den Konflikt, betonte Shamdasani. Die Kriegsparteien im Jemen sehen das anders. Thomas Seibert

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