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Wie bekommt man ihn wieder kleiner? Die Wahlrechtsreform beschäftigt auch den neuen Bundestag.

© Imago/Political-Moments

Kommission zur Wahlrechtsreform eingesetzt: Die letzte Chance

Im Bundestag beginnt der nächste Anlauf, das Parlament zu verkleinern. Bis August muss eine Empfehlung vorliegen. Die Skepsis überwiegt. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Albert Funk

Der nächste Anlauf hat begonnen. Am Donnerstag konstituierte sich im Bundestag die „Kommission zur Reform des Wahlrechts und zur Modernisierung der Parlamentsarbeit“. Sie besteht aus zweimal 13 Mitgliedern, was hoffentlich kein böses Omen ist. Die eine Hälfte der 26 Beteiligten an dem Vorhaben stammt aus den Bundestagsfraktionen, die andere Hälfte machen von den Fraktionen bestellte Fachleute aus.

Die Hauptaufgabe dieser Kommission: Sie soll schauen, wie der Bundestag dauerhaft wieder kleiner wird. 736 Abgeordnete hat er derzeit, in der vorigen Wahlperiode waren es 709. Die „Normalgröße“ liegt bei 598 Sitzen, bevor das Aufblähen durch Überhänge und Ausgleichsmandate beginnt.

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Seit Jahren ist das Parlament nicht in der Lage, die Aufgabe zu lösen. Es hat nun schon zweimal akzeptiert, dass der Bundestag ausuferte – mit dem Ergebnis, dass der Hinterbänkleranteil wuchs und der Ausgabenposten im Bundeshaushalt auch. Die Vergrößerung bringt keinerlei Verbesserung der Parlamentsarbeit, sie macht die Volksvertretung nur teurer.

Empfehlung muss konkret sein

Die Kommission hat den Auftrag, bis Ende August eine Empfehlung zu einer effektiven Verkleinerung des Bundestags auszuarbeiten. Diese Empfehlung muss sehr konkret sein, sonst kann man den neuen Anlauf gleich wieder abhaken. Was bedeutet, dass sich zumindest die Ampel-Fraktionen mit ihrer Mehrheit auf ein Modell verständigen müssen. Bisher deutet sich nicht an, was da kommen könnte.

Und der Satz im Koalitionsvertrag, man wolle „in Richtung der gesetzlichen Regelgröße“ verkleinern, lässt viel Spielraum zwischen 600 und 700 Sitzen. Es wäre schon ein echter Fortschritt, wenn sich im Bundestag die Erkenntnis durchsetzen würde, dass der globale Normalfall das Parlament mit einer festen Größe ist und nicht das Parlament, dessen Größe eine Schwankungsbreite von mehreren Dutzend Sitzen hat.

Wieder nur ein Herumschrauben?

Zu befürchten ist, dass auch die neue Kommission nicht verändert, was bisher schon eine echte Reform verhindert hat: die Neigung zum kleinkarierten Herumschrauben am bisherigen System. Denn wird sich in den gut vier Monaten bis August der Mut entwickeln, die Sache mal mit ein bisschen mehr Offenheit für andere Möglichkeiten anzugehen? Eher nicht.

Zudem hat die Kommission einige Aufträge mehr: Wahlrecht mit 16 Jahren, das Herstellen der Geschlechterparität, Verlängerung der Wahlperiode, Begrenzung von Amts- und Mandatszeiten. Würde das alles mit der eigentlichen Kernfrage der Bundestagsverkleinerung zusammengemauschelt, kann man schon jetzt den Reformversuch vergessen.

Bisher hatte man den Eindruck, dass der Bundestag eine Wahlrechtsreform nicht kann. Gelingt bis August wieder nichts, dann muss man wohl konstatieren, dass er sie gar nicht will. Aber im Hintergrund lauert das Bundesverfassungsgericht, dem eine Klage gegen das geltende Wahlrecht vorliegt - eingereicht im vorigen Jahr von den damaligen Oppositionsfraktionen FDP, Grüne und Linke. Einen Eilantrag haben die Richter zwar abgewiesen, aber dem Bundestag auch mitgegeben, dass ein reformiertes Wahlrecht vor allem klar, einfach und nachvollziehbar sein sollte.

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