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Das Linksbündnis ist nur noch eines von zwei Zielen der SPD, denn auch die FDP kommt als Koalitionspartner infrage.

© Imago/Christian Ohde

Koalitionswünsche bei der SPD: Nur der Seeheimer Kreis fremdelt noch mit der Linkspartei

Die SPD braucht neben den Grünen noch einen Partner, um die Union bei der Bundestagswahl abzulösen. Die Pragmatiker machen ihren Frieden mit der Linkspartei.

Von Hans Monath

Zwei von drei Parteiflügel der SPD stehen den beiden Koalitionsmöglichkeiten für ein „progressives Bündnis“ aufgeschlossen gegenüber, das die Parteispitze nach der Ausrufung von Kanzlerkandidat Olaf Scholz nach der Bundestagswahl 2021 anstrebt. Scholz selbst hatte erklärt, sein Ziel sei es, die Union an der Regierung abzulösen. Für eine ein reformorientierte Regierungskonstellation, die die SPD anführen will, kommen die Linkspartei und möglicherweise die FDP infrage.

Die Parlamentarische Linke (PL), der größte von drei Strömungen in der SPD-Bundestagsfraktion, wirbt schon seit Jahren für ein Bündnis mit der Linkspartei und pflegt enge Verbindungen zu deren Vertretern, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede auszuloten.

Erneuerung mit der Linkspartei? Die Netzwerker glauben dran

Auch das als pragmatisch geltende Netzwerk Berlin, der jüngste der drei Flügel, ist offen für Dreierkonstellation – und zwar sowohl mit der Linkspartei als auch mit der FDP. „Rot-Rot-Grün und die Ampel sind mögliche Koalitionen, um das Land zu erneuern“, sagte Netzwerk-Sprecher Falko Mohrs dem Tagesspiegel. Mit Blick auf die Reformerfolge der Koalition aus SPD und FDP nach 1969 sagte der Abgeordnete: „Die sozialliberale Vergangenheit kann sich sehen lassen.“

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Der konservative Seeheimer Kreis sprach sich ebenfalls gegen eine Fortsetzung der großen Koalition aus. Diese wäre nach der Bundestagswahl 2021 „sicher nicht die beste Lösung“, sagte Sprecherin Siemtje Möller dem Tagesspiegel. Die SPD wolle mit anderen Koalitionspartnern „regieren und die nächste Regierung anführen“.

Ein Bündnis mit der Linkspartei sehen die Seeheimer laut Möller aber „skeptisch“. Vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik gebe es „erhebliche Differenzen, wenn ich an die Absage der Linkspartei an die Nato und ihr Werben um eine Annäherung an Russland denke“. Auch seien Äußerungen aus der Linkspartei irritierend, die die Mauer im Nachhinein rechtfertigten.

Ein Vorbild: Die sozialliberale Koalition mit SPD-Kanzler Schmidt. FDP-Chef Genscher und SPD-Chef Brandt (von links).
Ein Vorbild: Die sozialliberale Koalition mit SPD-Kanzler Schmidt. FDP-Chef Genscher und SPD-Chef Brandt (von links).

© dpa/

Scholz hatte erklärt, die Linkspartei müsse nun in der Zeit bis zur Wahl zeigen, ob sie regierungsfähig werden wolle. „Es ist eine offene Frage, ob die Linkspartei sich reformieren will, damit sie tatsächlich regierungsfähig wird“, meinte Möller und fügte hinzu: „Dazu wird ihr Parteitag wichtige Entscheidungen treffen.“ Auch die SPD-Parteiführung erwartet von dem Parteitag Ende Oktober eine Grundsatzentscheidung darüber, ob die Linkspartei ihre Verlässlichkeit und Berechenbarkeit steigern will.

Seeheimer-Sprecherin Möller forderte auch die Liberalen auf, an sich zu arbeiten. Im Hinblick auf eine Ampelkoalition „stellen sich auch Fragen an die FDP, die 2017 die Jamaika-Verhandlungen platzen ließ“, meinte die Abgeordnete aus Niedersachsen: „Ich hoffe, dass die Liberalen an ihrer Vertrauenswürdigkeit und Belastbarkeit arbeiten.“

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Wie ihr Parteifreund Mohrs verwies Möller auf die Erfolge der sozialliberalen Koalition im vergangenen Jahrhundert. „Das Freiheitselement der Liberalen ist eine gute Ergänzung zu unseren Schwerpunkten“, sagte sie.

Auch für den größten Landesverband der SPD, nämlich Nordrhein-Westfalen, kommt ein Regierungsbündnis mit der FDP infrage. „Wenn die Grünen mitmachen, ist ein progressives Bündnis grundsätzlich nicht nur mit der Linkspartei, sondern auch mit den Liberalen möglich“, sagte Landeschef Sebastian Hartmann dem Tagesspiegel.

Auch die Grünen braucht die SPD zum Regieren: Gerhard Schröder, Joschka Fischer und Oskar Lafontaine im Jahr 1988
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© dpa/Martin Athenstädt

Auch der Chef der NRW-SPD erinnerte an das Beispiel der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt und Helmut Schmidt. „Wir sollten die Frage nach dem Kurs der SPD nicht auf eine Koalitionsdebatte verengen“, forderte Hartmann, der PL-Mitglied ist und nach seiner Wahl 2018 das Ziel „rot pur“ ausgegeben hatte: „Wir können selbstbewusst Politik für eine solidarische Mitte definieren und dann prüfen, mit welchen Partnern wir das umsetzen können.“    

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