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Rot steht ihm - aber würde Vizekanzler und SPD-Bundestagskandidat Olaf Scholz auch mit der Linkspartei koalieren?

© Thomas Imo/imago images/photothek

Koalitionsoptionen nach der Wahl: Scholz knüpft Bündnis mit Linken an Bekenntnis zur Nato

Der SPD-Kanzlerkandidat benennt die Hürden für eine Koalition mit der Linkspartei – die in dieser Woche zu einem Auslandseinsatz Farbe bekennen muss.

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Gerne redet Olaf Scholz nicht über die Koalitionsoptionen der SPD, aber am Sonntag wurde der Kanzlerkandidat wieder einmal gefragt, was er von einem Regierungsbündnis mit der Linkspartei halte. Sein Unionskonkurrent Armin Laschet (CDU) hatte ihn zuvor aufgefordert, Klarheit zu schaffen. Der Vizekanzler sagte jedenfalls im TV-Sender „Bild“, er werde nur eine Regierung mit solchen Partnern bilden, die sich klar zur Nato und zu einer starken EU bekennen und „solide mit dem Geld wirtschaften“.

Seinen Kriterienkatalog, den die Linkspartei jedenfalls nicht vollständig erfüllt, variiert Scholz höchstens in der Wortwahl. Doch das Thema hat wegen der dramatischen Entwicklung in Afghanistan neue Brisanz gewonnen. Die Linke muss diese Woche bei der Bundestagsabstimmung über die Rettungsmission in Kabul Farbe bekennen.

Der Kanzlerkandidat selbst ist völlig unverdächtig, ein rot-rot-grünes Bündnis im Bund anzustreben. Doch ausschließen will er es aus zwei Gründen nicht. Zum einen sieht der linke Parteiflügel der SPD in einem so genannten „Fortschrittsbündnis“ mit Grünen und Linkspartei die Gelegenheit, Politik und Gesellschaft grundlegend zu verändern. Den Wunschtraum darf er nicht zerstören, weil er die ganze Partei im Wahlkampf braucht.

Zudem kann der Fall eintreten, dass Scholz nach der Wahl beim Ringen um Regierungsbündnisse ein Druckmittel braucht, um potenzielle Koalitionspartner wie etwa die FDP zu Zugeständnissen zu zwingen. Wer mehrere Optionen zur Verfügung hat, mehrt seine politische Macht. Deshalb könnte er sogar in eine Sondierungsrunde mit der Linkspartei eintreten, um erst dort seine harten Bedingungen zu testen.

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Vom Wahlergebnis der SPD hängt ab, wie hoch der Anteil der Rot-Rot-Grün-Fans in der nächsten Fraktion ausfällt. Der konservative Seeheimer Kreis lehnt es ab, die pragmatischen Netzwerker schließen es nicht gänzlich aus, betonen aber die Kriterien des Kandidaten. Noch aber weiß niemand, wie viele Abgeordnete künftig der „Parlamentarischen Linken“ (PL) angehören werden.

Das transatlantische Verteidigungsbündnis - hier Generalsekretär Jens Stoltenberg - ist ein Streitthema zwischen SPD und Linkspartei. 
Das transatlantische Verteidigungsbündnis - hier Generalsekretär Jens Stoltenberg - ist ein Streitthema zwischen SPD und Linkspartei. 

© REUTERS

Auf eine Debatte über ihre Haltung zur Nato will sich die Linkspartei im Wahlkampf nicht einlassen. „Statt Bekenntnisse von anderen Parteien zu fordern, sollte Scholz lieber die eigenen gescheiterten außenpolitischen Entscheidungen überdenken“, sagte die Linken-Vorsitzende Janine Wissler dem Tagesspiegel. Die Art, wie der Afghanistan-Einsatz beendet worden sei, habe deutlich gemacht, dass „die außenpolitischen Strategien der letzten Jahre und Jahrzehnte nie Menschenrechte oder den Schutz der Zivilbevölkerung“ zum Ziel gehabt hätten, sagte die Spitzenkandidatin.

Linken-Vorstand empfiehlt Enthaltung bei Votum über Rettungseinsatz in Kabul

Die Afghanistan-Abstimmung im Bundestag stellt allerdings nun die Linke vor ein Dilemma. Die Partei lehnt Auslandseinsätze der Bundeswehr kategorisch ab. Doch kann sie sich dagegen stellen, wenn es um eine Mission zur Rettung von gefährdeten Menschen geht? Der Parteivorstand empfahl den Linken-Abgeordneten, sich zu enthalten. „Eine Zustimmung käme nur unter der Bedingung in Betracht, dass alle Ortskräfte und alle Menschenrechtsverteidiger*innen gleichberechtigt mit gerettet werden“, heißt es in dem Vorstandsbeschluss. Das Mandat sehe aber „eine Evakuierung fast nur für Deutsche“ vor. Auch wenn sich die Partei – anders als von einigen befürwortet – nicht zu einer Zustimmung durchringen kann, wäre es das erste Mal, dass die Linke bei der Entscheidung über ein Bundeswehrmandat nicht mit Nein stimmt.

Die Positionen der Linken in der Außen- und Sicherheitspolitik gelten als größtes Hindernis für eine Koalition mit SPD und Grünen. Führende Linken-Politiker betonen allerdings, dass ein solches Bündnis an diesen Fragen nicht scheitern müsste. „Jeder von uns weiß, dass unser Programm nicht eins zu eins umgesetzt werden wird“, sagte der Fraktionschef und Spitzenkandidat Dietmar Bartsch im Tagesspiegel-Interview. Die Linke werde es nicht zur Bedingung für die Aufnahme von Gesprächen machen, dass Deutschland aus der Nato austrete.

In ihrem Wahlprogramm verspricht die Partei lediglich, sie werde sich dafür einsetzen, dass Deutschland die „militärischen Strukturen“ der Nato verlasse. Zugleich fordert die Linke, die Nato aufzulösen und durch ein „kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands“ zu ersetzen. Letztere Forderung dürfte unter Sozialdemokraten durchaus Unterstützung finden.

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Für einige in Fraktion und Partei sind aber die außen- und sicherheitspolitischen Positionen der Partei in keiner Weise verhandelbar. Zu ihnen gehört Fraktionsvize Andrej Hunko. „Ein blindes Bekenntnis zur Nato in einem Koalitionsvertrag halte ich für abwegig“, sagte er dem Tagesspiegel.

Radikale Außenpolitiker bei den Linken in der Minderheit

Diejenigen, die einen noch radikaleren Kurs in der Außenpolitik wollen, erlebten allerdings auf dem Parteitag im Juni eine Niederlage. Eine große Mehrheit der Delegierten war dagegen, über Forderungen nach einem Nato-Austritt und einer Auflösung der Bundeswehr auch nur zu diskutieren. Auch in anderen Abstimmungen wurde deutlich, dass eine Mehrheit bei den Linken dem Regieren eine Chance geben will. Dieser Teil der Partei würde Zugeständnisse in der Außen- und Sicherheitspolitik möglicherweise hinnehmen, wenn dafür sozialpolitische Forderungen verwirklicht werden könnten.

Aus Berlin kommt unterdessen ein Signal, das den Traum vom Linksbündnis nicht befördert. SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey stellte Rot-Rot-Grün infrage, das Bündnis, das die Hauptstadt regiert. Mit ihr sei die Enteignung von Wohnungsunternehmen nicht zu machen – das Thema sei für sie „eine rote Linie“.

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