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Die Regierungschefs der G7-Staaten.

© REUTERS/Jack Hill

Klimawandel, Impfstoff-Knappheit, China-Politik: Das sind die wichtigsten Ergebnisse des G7-Gipfels in Cornwall

Beim ersten G-7-Gipfel mit US-Präsident Joe Biden wurden zahlreiche Beschlüsse gefasst. Die entscheidenden Punkte der Gipfel-Erklärung im Überblick.

Mehr als zwei Milliarden kostenlose Corona-Impfdosen für die Welt, bessere Koordination bei Klima-freundlichen Infrastruktur-Projekten, klare Konkurrenz zu China – zum Abschluss des G-7-Gipfels im englischen Cornwall haben die Staats- und Regierungschefs am Sonntag erhebliche staatliche Investitionen versprochen und die globale Führungsrolle für die größten Industriestaaten bekräftigt.

Umweltlobbyisten und Entwicklungshelfer kritisierten die Ergebnisse als „eine historische verpasste Gelegenheit“, die Covid-Pandemie zu besiegen und einen umweltverträglichen Aufschwung einzuleiten. Die wichtigsten Gipfel-Ergebnisse im Überblick.

Mehr Geld für den Klimaschutz

Die G-7-Staaten stehen vor der Herausforderung, wie sie den Klimaschutz auch in ärmeren Ländern ähnlich voranbringen können wie in der industrialisierten Welt. Die Entwicklungsländer argumentieren, dass sie bislang noch nicht die Möglichkeit gehabt hätten, auf ein ähnliches wirtschaftliches Niveau zu gelangen wie die G-7-Staaten.

Die Industriestaaten hatten in der Vergangenheit angekündigt, dass sie bis 2020 pro Jahr rund 82,5 Milliarden Euro für die Finanzierung des Klimaschutzes in Entwicklungsländern aufbringen. Allerdings wurde das Ziel verfehlt, was auch an der Coronakrise liegt.

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In Cornwall nahmen die G-7-Staaten nun einen neuen Anlauf, um das Ziel zur finanziellen Unterstützung der ärmeren Länder beim Klimaschutz zu erreichen. Deutschland will dabei mit gutem Beispiel vorangehen. Wie ein Regierungssprecher erklärte, werde Deutschland seinen Beitrag zur Klimafinanzierung bis spätestens 2025 von vier auf sechs Milliarden Euro jährlich erhöhen.

In der Abschlusserklärung nennen die G-7-Staaten kein Datum für den Kohleausstieg.
In der Abschlusserklärung nennen die G-7-Staaten kein Datum für den Kohleausstieg.

© Oliver Berg/dpa

Keine Einigung gab es unter den G-7-Staaten indes in der Frage, bis wann genau ein Ausstieg aus der Kohle erreicht werden soll. In der Abschlusserklärung des Gipfels wird dafür kein Datum genannt. Stattdessen einigten sich die Industriestaaten darauf, dass die Entwicklung neuer Technologien vorangetrieben werden soll, so dass der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern beschleunigt werden kann.

Impfstoff für die Welt

„Besser und grüner aufbauen“ – sein innenpolitisches Motto hatte der britische Premier Boris Johnson auch für den Gipfel vorgegeben. Allerdings waren sich die Teilnehmer darin einig, dass der Wiederaufbau der Weltwirtschaft nur gelingen kann, wenn auch der Kampf gegen die Corona-Pandemie erfolgreich ist. Bis Ende des kommenden Jahres wollen die G-7-Staaten 2,3 Milliarden Impfdosen an ärmere Länder abgeben.

Allein 500 Millionen des Pfizer/Biontech-Medikaments werde die USA kaufen und verteilen, erklärte US-Präsident Joe Biden. Die USA und Großbritannien hatten in den vergangenen Monaten ihr eigenes Impfprogramm mit hohem Druck vorangetrieben und bei Exporten gegeizt. Dies soll sich nun ändern. Die G-7-Länder wollen den Firmen dabei helfen, auch in Regionen wie Afrika rasch die Herstellung ihrer Vakzine voranzutreiben. Dabei werde die EU die Führungsrolle übernehmen, kündigte Ratspräsident Charles Michel an.

Der Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO Tedros Adhanom gab allerdings zu bedenken, dass elf Milliarden Dosen nötig seien, um die Welt ausreichend zu versorgen. Der G-7-Zeitplan ist also weit entfernt von der Parole des britischen Premiers Boris Johnson, bis Ende kommenden Jahres solle „die ganze Welt geimpft“ sein. Dementsprechend kritisierte eine Koalition von Hilfsorganisationen den Plan heftig als „zu wenig und zu spät“.

Wirtschaftsstrategie nach Corona

Mario Draghi, der hochgeachtete frühere Chef der Europäischen Zentralbank und heutige Ministerpräsident Italiens, forderte eine „expansive Fiskalpolitik“, also höhere Staatsausgaben und Steuern, um die Wirtschaft nach Corona wieder anzukurbeln.

Tatsächlich besiegelte das Treffen die von der Pandemie beschleunigte Trendwende in der Wirtschafts- und Finanzpolitik: Möglichst dauerhafte, „grüne“ Investitionen sind das Mittel der Wahl, Schuldenabbau gilt als ein Konzept von vorgestern, eventuell auch übermorgen. Zur Finanzierung höherer Staatsausgaben hatten sich vergangene Woche die G-7-Finanzminister auf eine neue Digitalsteuer sowie den Mindestsatz von 15 Prozent für die Besteuerung global tätiger Unternehmen geeinigt.

Alternative zur „neuen Seidenstraße“

Die G-7-Initiative „Build Back Better World“ („eine bessere Welt wiederaufbauen“), die von den USA ausgeht, richtet sich gegen die chinesische "neue Seidenstraße". Anders als Peking, das die Empfängerländer durch dubiose Kredite systematisch in seine wirtschaftliche Abhängigkeit zwingt, werde die Finanzierung klimaverträglicher Infrastruktur-Projekte durch die G7 „nicht an Bedingungen“ geknüpft sein, kündigte Biden an.

Man müsse der "erfolgreichen" Politik Chinas etwas entgegensetzen, pflichtet ihm Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei. Eine Taskforce soll nun konkrete Projekte sammeln und eine entsprechende Liste dem nächsten G-7-Gipfel in Deutschland vorlegen.

Verhältnis gegenüber China

Die G-7-Staaten positionieren sich gegenüber China etwas vorsichtiger als von Biden und Johnson gewünscht. Nicht zuletzt Merkel betonte bei jeder Gelegenheit, man werde mit Peking in vielen globalen Fragen, nicht zuletzt beim Klimaschutz, auch weiterhin zusammenarbeiten müssen.

Italiens Regierungschef Mario Draghi beim G-7-Gipfel in Cornwall.
Italiens Regierungschef Mario Draghi beim G-7-Gipfel in Cornwall.

© Jack Hill/REUTERS

Die Abschlusserklärung geht nur indirekt auf die Behinderung westlicher Firmen in China ein: Man wolle „Praktiken unterbinden, die den fairen Handel beeinträchtigen“. In der Region Xinjiang, wo Millionen von Muslimen unterdrückt und zur Zwangsarbeit verdonnert werden, solle Peking die Menschenrechte einhalten.

Unbequem für das kommunistische Regime dürfte auch die G-7-Forderung nach einer „zeitigen und transparenten“ Untersuchung der Pandemie-Ursache werden. Dadurch drückt das Septett, unterstützt von den indo-pazifischen Demokratien Indien, Südkorea und Australien, den wachsenden Zweifeln an Pekings Offenheit Rechnung.

Die Reaktion ließ nicht lang auf sich warten. "Die Zeit, als eine kleine Gruppe von Staaten globale Entscheidungen treffen konnten, ist längst vorbei", teilte ein Sprecher der chinesischen Botschaft in London mit.

Merkels letzter Gipfel

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von „wichtigen Beratungen in wunderschönem Umfeld“. Damit traf sie durchaus die Atmosphäre, die beim Treffen herrschte. Im Kreis der G-7-Staaten war die Erleichterung darüber zu spüren, dass die Ära des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump vorbei ist.

Jenseits der Politik trugen die wildromantische Landschaft des äußersten Südwestens Englands und das stetig besser werdende Wetter zur guten Stimmung bei, allen technischen Schwierigkeiten und gelegentlichem Gegrummel über Absperrungen und Verkehrsstaus zum Trotz.

Für royalen Glamour sorgten drei Generationen der Königsfamilie, angeführt von der 95-jährigen Königin Elizabeth II. Im Botanischen Garten bei St. Austell warb Thronfolger Prinz Charles für bessere Koordination von Staatsgeldern und Privatinvestitionen bei der Finanzierung klimaneutraler Projekte weltweit.

Für Merkel war es der mutmaßlich letzte G-7-Gipfel. Abschieds-Pathos wollte sie dabei aber nicht verbreiten. Die Kanzlerin teilte lediglich mit: „Ich habe nur gute Wünsche und keine Geschenke bekommen.“

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