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Deutsche Autobauer laufen in die CO2-Falle, wenn die EU ihre Klimaschutzvorgaben durchsetzt.

© Ole Spata/dpa

Klimaschutz-Vorgaben: EU-Parlament legt sich mit Autokonzernen an

Die EU plant bis 2030 die Verringerung des CO2-Ausstoßes bei Neuwagen um 40 Prozent. Das träfe vor allem die deutschen Autohersteller

Wenn es nach der Mehrheit im Europaparlament geht, sollen Neuwagen im Jahr 2030 im Schnitt 40 Prozent weniger Sprit verbrauchen als 2021. Außerdem soll der Spritverbrauch zwischen 2021 und 2025, gemessen am Ausstoß von Kohlendioxid (CO2), um 20 Prozent reduziert werden. Mit dieser Position zieht das Europaparlament in die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten über die CO2-Vorgaben für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis zum Jahr 2030.

Damit will das Parlament die Ziele verschärfen, die die EU-Kommission vorgegeben hatte. Diese hatte vorgeschlagen, dass der CO2-Ausstoß bis 2030 um 30 Prozent reduziert werden soll. Als Zwischenmarke für 2025 hatte die Kommission eine Verringerung des Ausstoßes um 15 Prozent vorgeschlagen. Mit einer Mehrheit von 389 Stimmen gegenüber 239 Gegenstimmen und 41 Enthaltungen fordert das Parlament zudem weitere Verschärfungen: So sollen die Hersteller Geldbußen zahlen, wenn sie die Vorgaben nicht erreichen. Mit dem Erlös sollen Arbeitnehmer umgeschult werden, die vom Jobverlust durch die Umbrüche in der Autobranche bedroht sind.

Betroffen wäre vor allem die deutsche Autoindustrie, die wie kaum eine andere auf große und PS-starke Fahrzeuge setzt. Der deutsche Autoverband VDA wies das Votum als „völlig unrealistisch“ zurück. Es ignoriere „die technische und wirtschaftliche Machbarkeit“, sagte VDA-Präsident Bernhard Mattes. Er kritisierte zudem, dass aus den Strafzahlungen Umschulungsprogramme finanziert werden sollen. „Das EU-Parlament dokumentiert damit, dass es massenhafte Jobverluste wissentlich in Kauf nimmt.“

Parlament und Mitgliedstaaten müssen sich nun darauf einigen, wie die CO2-Regulierung bis 2030 aussehen soll. Die Umweltminister der Mitgliedstaaten legen ihre Position am 9. Oktober fest, danach können die Verhandlungen zwischen Parlament und Umweltministern beginnen. Die Bundesregierung unterstützt dabei die Linie, die die Kommission vorgegeben hat.

Forderungen des EU-Umweltausschusses gingen noch weiter

Die neuen Vorschläge sind bereits ein Kompromiss: Ursprünglich hatte der EU-Umweltausschuss den Spritverbrauch bis 2030 sogar um 45 Prozent senken wollen. Die Kommission hat eine Folgenabschätzung vorgenommen und ist zu dem Schluss gekommen, dass bei diesem Szenario 60.000 Arbeitsplätze verloren gehen würden. Im Parlament hatten vor allem Sozialdemokraten und Liberale für die jetzige Verhandlungslinie gestimmt. Grüne wollten noch strengere Vorgaben machen, Christdemokraten setzten sich für die Marke von 35 Prozent im Jahr 2030 ein.

Christdemokraten und Industrie fürchten Klimaschutz als "Jobkiller"

Der CDU-Abgeordnete Jens Gieseke versuchte vergeblich, die 40-Prozent-Forderung zu verhindern. Die Marke wäre ein „Jobkiller“, wenn die beiden Gesetzgeber, Parlament und Rat, sie verbindlich machen würden, warnte Gieseke. Es sei nun nötig, die „Ideologie“ zu beenden. Der Verkehrsexperte der SPD, Ismail Ertug, sagte: „Die großen deutschen Automobilhersteller schätzen alle, dass in wenigen Jahren ein Viertel ihrer Flotte elektrifiziert sein wird – die heute verabschiedeten Ziele sind also mehr als machbar.“ Die Umweltexpertin der Grünen, Rebecca Harms, gab sich ernüchtert: Das Parlament zeige sich nur „verhalten ehrgeizig“. Im Hinblick auf die nun anstehenden Verhandlungen warnte Harms die Bundeskanzlerin: „Angela Merkel darf sich nicht immer wieder von den Autounternehmen treiben lassen.“

Derweil wird in Deutschland weiter über den Diesel gestritten. Nach dem mühsam ausgehandelten Koalitionskonzept wird ein größerer Beitrag der Autoindustrie erwartet. Mehrere Hersteller weigern sich, Hardware-Nachrüstungen für ältere Fahrzeuge anzubieten. Bundesumweltministern Svenja Schulze (SPD) will das nicht hinnehmen. „Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen“, sagte sie. Auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) forderte die Autoindustrie auf, die Kosten zu übernehmen. Nach Einschätzung des Kfz-Gewerbes wären Nachrüstungen schnell umsetzbar.

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