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Im Rosengarten des Weißen Hauses kündigte US-Präsident Donald Trump an, den Pariser Klimavertrag kündigen zu wollen.

© Saul Loeb/AFP

Klima: Nie war das Paris-Abkommen so populär wie jetzt

Warum die Ausstiegsandrohung des amerikanischen Präsidenten auch eine Chance für das Paris-Abkommen sein kann, schreibt der Chef der Deutschen Energieagentur in seinem Standpunkt.

Keine Frage: Die Entscheidung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, aus dem Paris-Abkommen auszusteigen, ist ein herber Rückschlag für die globalen Anstrengungen gegen den menschengemachten Klimawandel. Aber sie hat auch zu etwas geführt, womit man nicht unbedingt rechnen konnte.

Nie zuvor wurde so viel über das Paris-Abkommen berichtet wie in diesen Tagen und Wochen. In nahezu allen Ländern der Welt war es ein Top Thema. Präsident Trump hat es ja auch ausreichend spannend gemacht.

Nie zuvor gab es eine so breite Schar von Unterstützern wie in diesen Tagen. Die allgemeine Kritik an dem neuen US-Präsidenten hat nun ihr erstes hartes und global verbindendes Argument: Der Kampf gegen den Klimawandel und die „Bewahrung der Schöpfung“, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel es genannt hat.

Solidaritätsadressen aus aller Welt

Staatschefs aus aller Welt haben die Gelegenheit genutzt, mit Nachdruck und großem Engagement darzulegen, dass das Paris Abkommen wichtig ist. Dass die Bekämpfung des globalen Klimawandels eines der dringlichsten Anliegen dieser Zeit ist und die Bewältigung dieser zentralen Zukunftsaufgabe darüber hinaus auch noch Wachstum und Arbeitsplätze schafft. Sogar weite Teile vor allem der US-amerikanischen Industrie haben sich von ihrem Präsidenten abgesetzt und sich für das Abkommen stark gemacht. Unternehmen, von denen man das in dieser Intensität vor Kurzem noch nicht erwartet hätte.

Pittsburgh steht zum Paris-Abkommen

Die ganze Welt weiß nun, dass es in den Vereinigten Staaten eine Vielzahl von Akteuren in den Bundesstaaten, den Städten, der Industrie, der wissenschaftlichen Community und der Zivilgesellschaft gibt, die sich mit ganzer Kraft für die globale Energiewende einsetzen. Kalifornien hat die Gelegenheit genutzt und eines der weltweit ambitioniertesten Programme dafür auf den Weg gebracht und selbst der Bürgermeister von Pittsburgh, in dem es laut Donald Trump ja so viele Arbeiter in Kohleminen gibt, hat sich beeilt per Executive Order festzuhalten, dass Pittsburgh auf jeden Fall weiter hinter dem Paris-Abkommen stehen wird.

Wie reagiert Russland?

Auch auf dem parallel stattfindenden Wirtschaftsforum in St. Petersburg war die Unterstützung des Abkommens und der globalen Energiewende – wenn auch nicht bei allen – ein großes Thema. Wladimir Putin, der noch am ehesten Verständnis für Donald Trumps Entscheidung äußerte, hat auf seinem Wirtschaftsforum feststellen müssen, dass nicht nur Europa, sondern auch seine asiatischen Partner Indien und China sich an dieser Stelle klar bekennen. Überall werden Zahlen und Szenarien veröffentlicht, die darlegen warum es sich lohnt, aktiv zu werden. Und ein neuer europäischer Hoffnungsträger aus Frankreich nutzt die Gelegenheit, sich an die Spitze zu stellen und frustrierte amerikanische Akteure nach Frankreich einzuladen um dort an der „transition énergétique“ mitzuwirken und dadurch vielleicht neuen Schwung in die französische Wirtschaftspolitik zu bringen. Eine große Chance auch für die deutsch-französische Zusammenarbeit. Mit der deutsch-französischen Energieplattform, die die Dena zusammen mit ihrer französischen Partnerorganisation Ademe in den letzten Jahren aufgebaut haben, ist bereits eine gute Grundlage gelegt.

Andreas Kuhlmann ist Geschäftsführer der Deutschen Energieagentur (Dena).
Andreas Kuhlmann ist Geschäftsführer der Deutschen Energieagentur (Dena).

© Dena

Kurzum, nie zuvor war das Paris-Abkommen so populär wie heute. Immer mehr Länder auf der ganzen Welt erkennen, welch unglaubliche Chance sich dahinter verbirgt, auf Innovationen und neue Geschäftsmodelle zu setzen. „Start Up Energy Transition“, ein globales Projekt der dena bei dem im ersten Jahr über 500 Startups aus 66 Ländern der Welt mitgemacht haben, hat das ausdrücklich gezeigt. Es tut sich was. Und es birgt eine Menge Chancen.

Das Beste daraus machen

Bei allem Ärger über Trumps Entscheidung, alles das ist eigentlich ein großer Erfolg. Es liegt nun an uns, das Beste daraus zu machen. Das allerdings ist auch dringend erforderlich. Die globale Erwärmung wird nicht durch politische Verträge bekämpft. Sie sind nur die – wichtige - Grundlage dafür. Es braucht ganz konkrete Maßnahmen, gute Beispiele und harte, bisweilen anstrengende Arbeit, die vor allem auch Mut erfordert. Man möchte sich wünschen, dass alles das nun dazu führt, dass die Energiewende vielleicht doch noch ein wichtiges Thema im Bundestags-Wahlkampf wird. Und dass wir durch diese Diskussion die Grundlage dafür legen, uns in der nächsten Legislaturperiode doch mehr zu trauen, als wir es gegenwärtig tun. Vielleicht bringt es neuen Schwung in das faszinierende und innovative Projekt. Überall in der Welt und gerne auch in Deutschland. Denn dass es auch hier noch echte Widerstände zu beseitigen gibt, hat das krude Papier einiger CDU-Politiker rund um den sogenannten „Berliner Kreis“ an diesem Wochenende gerade erst wieder deutlich gemacht.

Der Kampf gegen die Menschen gemachte Erwärmung des Planeten erfordert einen langen Atem. Aber die politische Debatte ändert sich schnell. Bei der Klimakonferenz in Kopenhagen, der COP15 im Jahr 2009, war China noch einer der größten Kritiker eines Abkommens. Heute gilt China für viele als Hoffnungsträger. Genauso wie Indien und andere Länder. Der früheste Zeitpunkt für die USA final aus dem Pariser Abkommen auszusteigen ist wie man ausgerechnet hat der 4. November 2020. Ein Tag nach der nächsten Präsidenten-Wahl in den Vereinigten Staaten. Wer weiß, was sich bis dahin tut?

Ungefähr zur gleichen Zeit wird die Kommission zum Monitoring der Energiewende in Deutschland ihren jährlichen Bericht vorlegen und dabei wohl feststellen, dass Deutschland die selbstgesteckten Klimaziele für das Jahr 2020 bei weitem nicht erreicht haben wird. Auch in Deutschland wird sich also noch einiges ändern müssen.

Andreas Kuhlmann ist seit 2015 Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energieagentur (Dena). Sein Standpunkt ist am 5. Juni 2017 im Tagesspiegel-Politikbriefing Background Energie und Klima erstmals veröffentlicht worden.

Andreas Kuhlmann

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