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Papst und Williamson

© dpa

Kirchenpolitik: Holocaust-Affäre - Vatikan räumt Kommunikationsdefizit ein

Der Vatikan gibt zu, dass die Affäre um den Holocaust-Leugner Williamson Kommunikationsdefizite offengelegt habe - nimmt Papst Benedikt XVI. aber in Schutz. Auch der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Zollitsch kritisiert, man habe den Papst "ins Messer laufen lassen."

Im Skandal um den Holocaust-Leugner Richard Williamson hat der Vatikan Defizite eingeräumt. Eine "Kultur der Kommunikation" müsse in der Kurie erst noch geschaffen werden, sagte Vatikan-Sprecher Pater Frederico Lombardi der französischen Zeitung "La Croix" vom Freitag. Zugleich nahm Lombardi Papst Benedikt XVI. in Schutz. Es sei es ein "heikler Punkt", wer die Meinung Williamsons gekannt habe, meinte Lombardi. Papst Benedikt XVI. habe dieses aber nicht gewusst und missachte den Standpunkt von Williamson.

Der erzkonservative Bischof Williamson hatte in einem Interview mit dem schwedischen Fernsehen gesagt, er denke, dass "200.000 bis 300.000 Juden in den Konzentrationslagern gestorben" seien, aber "nicht ein einziger von ihnen in Gaskammern". Der Vatikan hob dennoch Williamsons Exkommunikation auf, verlangte inzwischen aber eine Rücknahme der Äußerungen.

Zollitsch: Papst "leichtfertig ins Messer laufen lassen"

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, kritisierte den mangelnden Informationsfluss im Vatikan scharf. Bei der Aufhebung der Exkommunikation habe man Papst Benedikt XVI. "leichtfertig ins Messer laufen lassen", sagte Zollitsch am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". Der Präsident der zuständigen Päpstlichen Kommission, Kardinal Darío Castrillon Hoyos, hätte sich vergewissern müssen, "was für Personen" die betroffenen vier Mitglieder der Pius-Bruderschaft seien. Dass dies nicht geschehen und Papst Benedikt XVI. nicht informiert worden sei, sei "offenes Versagen".

Zollitsch will unterdessen nach Informationen der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" das durch die Affäre belastete Verhältnis zu den Juden erneuern. Er habe dazu den Zentralrat der Juden zu einem klärenden Gespräch eingeladen. "Die Diskussion der zurückliegenden Tage beweist, dass man sich der Gemeinsamkeiten und der Verbundenheit versichern sollte, statt von einer Unfähigkeit zum Dialog auszugehen", schrieb Zollitsch demnach in einem Brief an den Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer.

Kritik an Merkel in der Union

Unterdessen ging die Debatte um den Appell von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an den Vatikan weiter. Merkel hatte als erste Regierungschefin überhaupt am Dienstag gefordert, dass von Seiten des Papstes und des Vatikans "sehr eindeutig" klargestellt werden müsse, dass es "keine Leugnung" des Holocaust geben kann. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler nahm den Papst in Schutz. Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" bezeichnete er Merkels Kritik als "ignorant und kaltherzig". Im Meinungskampf auf Kosten des Papstes einen Punkt zu machen, sei nicht die Aufgabe einer CDU-Vorsitzenden.

Vielmehr habe die Parteiführung auch die Aufgabe, das unendlich Positive dieses Pontifikats zu betonen, erklärte Gauweiler. Die politische Klasse habe sich einst um den Papst gedrängt, um an seiner Popularität Anteil zu haben. Das heute kein Wort zu seiner Verteidigung zu hören sei, finde er "niederschmetternd", sagte Gauweiler.

Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler verteidigte Merkel hingegen. "Die Bundeskanzlerin hat ein politisches Interesse daran, dass es zwischen der katholischen Kirche und den deutschen Juden nicht zu einem Aufreißen von Gräben kommen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Da Papst Benedikt XVI. aus Deutschland stamme und der Holocaust in Deutschland stattgefunden habe, "haben wir für das Verhältnis von Christen und Juden eine besondere Verantwortung". (jam/AFP/dpa)

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