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Finanzminister Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) im Bundestag.

© Michael Kappeler/dpa

Keine weiteren Entlastungen, keine Übergewinnsteuer: Die FDP wird zum Klotz am Regierungsbein

Hohe Inflation, steigende Preise – mit Wucht drängt das Soziale auf die Agenda der Ampel-Koalition. Doch die FDP blockiert. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Wie tragfähig das moralische Fundament einer Partei ist, zeigt sich in der Krise. Manchmal gilt es, mehrere Krisen gleichzeitig zu bewältigen. Das schärft den Blick auf den Charakter einer politischen Haltung.

Corona, Klima und Krieg: In dieser Trias bündeln sich die Probleme der Gegenwart. Deren Dimensionen lassen sich allenfalls ahnen, auf Jahre und Jahrzehnte werden sie das Land beschäftigen. So viel ist sicher.

Sicher ist auch: Nie war es wichtiger, einen starken Staat zu haben, der die notwendigen Investitionen tätigen und finanzielle Härten abfedern kann.

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Einen Impfstoff gegen Covid-19 zu entwickeln, gelang auch dank privater Initiative. Ihn aber millionenfach zu beschaffen, Test- und Impfzentren aufzubauen, Kurzarbeit zu ermöglichen, Einnahmeausfälle zu kompensieren, Maskenpflicht und Lockdowns zu verhängen: Das ging nur durch und mit dem Staat.

Die FDP mag keinen starken Staat

Aus der Atom- und Kohleenergie aussteigen, erneuerbare Energien ausbauen, fossile Brennstoffe ersetzen, Stromtrassen anlegen, Folgen der globalen Erderwärmung solidarisch mittragen: Das geht nur durch und mit dem Staat.

Sich unabhängig machen von russischen Energie-Importen, Flüssiggasterminals bauen, 100 Milliarden Euro in die Rüstung investieren, Flüchtlinge versorgen, Waffen liefern: Das geht nur durch und mit dem Staat.

Landesparteitag der FDP Mecklenburg-Vorpommern.
Landesparteitag der FDP Mecklenburg-Vorpommern.

© Frank Hormann/dpa

Die FDP mag keinen starken Staat. Sie setzt auf individuelle Freiheit und persönliche Verantwortung. Beim Kampf gegen Corona plädieren Liberale für ein höheres Ansteckungsrisiko statt einer Maskenpflicht. Sie sind gegen Steuererhöhungen. Sie sind gegen ein Tempolimit auf Autobahnen, haben in der Ampel die Subventionierung des Benzinpreises mittels eines Tankrabatts durchgesetzt.

Nun stecken die Ölkonzerne einen Großteil dieser Gelder ein und maximieren ihre Profite. Die Idee, auf diese Profite eine Übergewinnsteuer zu erheben, lehnt die FDP ab. Spätestens 2023 werde die Schuldenbremse wieder eingehalten, verspricht Finanzminister Christian Lindner.

Rund acht Prozent Inflation

Was ist das? Widersprüchlich, unausgegoren, grotesk? Es ist vor allem albern, klein und kurzsichtig. Im November 2017 ließ Lindner, damals als FDP-Chef, eine Jamaika-Koalition mit der legendären Begründung platzen, es sei besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren. Jetzt, in der Gestaltungsverantwortung für das Land, hat sich dieses Diktum in sein Gegenteil verkehrt. Offenbar ist es besser für viele Liberale, falsch zu regieren, als nicht zu regieren.

Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen. Lieber schlecht regieren als gar nicht regieren?
Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen. Lieber schlecht regieren als gar nicht regieren?

© Fabian Sommer/dpa

Dabei zeichnet sich eine vierte Herausforderung bereits ab. Der Druck auf die Regierung, für einen sozialen Ausgleich zu sorgen, nimmt zu. Rund acht Prozent Inflation, steigende Miet-, Lebensmittel- und Energiepreise – das wird, über kurz oder lang, Geringverdiener zu Geringstverdienern machen, Menschen in die Obdachlosigkeit treiben.

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Besonders betroffen sind Senioren mit niedrigen Renten, Privathaushalte, die nur Grundsicherung erhalten. Sozialverbände warnen, die Schlangen vor den Tafeln werden immer länger. Mit Wucht drängt das Soziale auf die Agenda der Ampel-Koalition. Alle bisherigen Entlastungsmaßnahmen werden diese Wucht kaum mildern.

Unterschiede werden rhetorisch vernebelt

Die Regierung aber ist blockiert durch eine FDP, die jede Initiative, durch die der finanzielle Spielraum des Staates erweitert werden soll, strikt ablehnt. Das steht nicht im Koalitionsvertrag, heißt es dann. Sprich: keine Vermögenssteuer, keine Übergewinnsteuer, also nichts, was an das Robin-Hood-Motto erinnert, den Reichen etwas zu nehmen, um es den Armen geben zu können.

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Stattdessen werden Unterschiede rhetorisch vernebelt. Die Inflation treffe schließlich alle, jede und jeder müssten den Gürtel enger schnallen. Das stimmt.

Nur lässt sich das Schicksal von Gutverdienenden, die auf einen Zweitwagen verzichten, nicht mit armen Menschen vergleichen, denen die Butter zu teuer geworden ist. Eine FDP, die das nicht versteht, gefährdet den Zusammenhalt in krisengeplagter Zeit.

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