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Die Räumung des Begegnungszentrums für minderjährige Flüchtlinge im Rostocker Stadtteil Groß Klein war bereits im Juli verfügt worden.

© Bernd Wüstneck/ZB/dpa

Keine Migranten-Einrichtung im Plattenbaubezirk: Rostock knickt vor Rechten ein

Weicht die Hansestadt Rostock vor rechtem Pöbel zurück? Ausgerechnet der linke Sozialsenator muss den Verzicht auf Projekte für Flüchtlinge in Groß Klein begründen.

Von Matthias Meisner

In Rostock sorgt der Verzicht auf eine lange geplante Einrichtung für Migrantenfamilien für heftige Debatten. Rostocks Sozialsenator Steffen Bockhahn (Linke) entschied wegen Sicherheitsbedenken, dass im Plattenbau-Stadtteil Groß Klein nicht wie geplant Wohnungen bereitgestellt werden. Er begründete das mit Hinweis auf Polizei und das CDU-geführte Landesinnenministerium, die darauf hingewiesen hatten, dass sie den Stadtteil für nicht sicher genug erachten.

Zuvor hatte die Hansestadt bereits entschieden, minderjährige Flüchtlinge aus dem Stadtteil zu verlegen - es hatte Proteste von Neonazis gegen ein Betreuungsprojekt gegeben. Groß Klein ist ein nur durch eine Brücke getrennter Nachbarstadtbezirk von Lichtenhagen, wo es 1992 ausländerfeindliche Ausschreitungen gab und Bewohner aus einem brennenden Haus evakuiert werden mussten.

Bockhahn gab zu, dass der Verzicht auf das Wohnprojekt ein "fatales Signal" sei. Dennoch verteidigte er in verschiedenen Interviews die Entscheidung. "Es gab mit der Rostocker Polizei wegen der Einrichtungen in Groß Klein einen engen Austausch. Die Gefährdungsanalyse erstellt am Ende aber die Polizei, nicht ich", sagte er "Zeit online": "Ich kann nur soviel sagen: Um das Betreuungszentrum provozierten immer wieder einige wenige Menschen aus dem Stadtteil. Aus der Einrichtung heraus kamen dann Reaktionen der Jugendlichen: Sie schlugen auch mal zu, oder nach körperlichen Angriffen auch zurück. Das ist vielleicht nachvollziehbar, aber nicht akzeptabel, denn Gewalt ist abzulehnen."

Der "taz" sagte Bockhahn, früherer Landesvorsitzender der Linken in Mecklenburg-Vorpommern: "Ich glaube, dass man Familien keinen Gefallen täte, wenn man sie an dieser Stelle zum Kristallisationspunkt für Fremdenfeindlichkeit macht." Er räumte allerdings ein, dass die Gefahr bestehe, man müsse nur laut genug gegen Flüchtlinge protestieren und dann kämen sie auch nicht. "Die Gefahr besteht. Daraus mache ich kein Geheimnis."

In der Stadt gibt es offenbar unterschiedliche Auffassungen von der Sicherheitslage in Groß Klein. Wolfgang Richter, der 1992 Ausländerbeauftragter von Rostock war und nun Sprecher der Gesellschaft für Gemeindepsychiatrie ist, kritisierte, die Stadt weiche vor Krawallmachern zurück. Der NDR zitierte das Rostocker Bürgerschaftsmitglied Torsten Sohn (Grüne), das auch in der Initiative "Rostock nazifrei" engagiert ist, mit den Worten, Pöbeleien und rassistische Gewalttaten gegen Geflüchtete hätten Erfolg.

Der Regierungssprecher von Mecklenburg-Vorpommern, Andreas Timm, versichert, wahlkampftaktische Überlegungen hätten bei den Entscheidung in Rostock keine Rolle gespielt. Die Staatskanzlei teile die Auffassung des Innenministeriums, dass die Räumung der Unterkunft zum Schutz der Kinder nötig gewesen sei, teilte Timm mit. Das von Lorenz Caffier (CDU) geführte Innenministerium wies den Vorwurf zurück, Druck auf die Stadt Rostock ausgeübt zu haben.

Im Nordosten wird am 4. September ein neuer Landtag gewählt. Der AfD, die bisher nicht im Landtag vertreten ist, wurden in den jüngsten Umfragen Resultate zwischen 16 und 19 Prozent vorausgesagt.

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