zum Hauptinhalt
Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

© imago/Emmanuele Contini

Update

Keine Beschwerde gegen Gerichtsbeschluss: Verfassungsschutz nimmt vorläufiges Verbot der AfD-Einstufung hin

Das Bundesamt darf die Partei vorerst nicht wie geplant als „Verdachtsfall“ behandeln. Ihm wurden undichte Stellen vorgeworfen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und das ihm unterstellte Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gehen nicht gegen das vom Kölner Verwaltungsgericht verhängte Verbot vor, die AfD als „Verdachtsfall“ einzustufen. Wie berichtet, hat das Gericht dem BfV am 5. März vorläufig untersagt, die Partei entsprechend einzuordnen und mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu beobachten (Az.: 13 L 105/21). Der Verfassungsschutz hat bis zum Ablauf der Frist keine Beschwerde gegen den Beschluss eingereicht, teilte das Gericht am Montag mit. BfV und Ministerium wollten sich nicht dazu äußern.

Der Beschluss ist damit rechtskräftig. Dem BfV bleiben bis zu einer weiteren Entscheidung in einem parallelen Eilverfahren, ebenfalls vor dem Kölner Verwaltungsgericht, die Hände gebunden. Ob diese Entscheidung allerdings noch vor der Bundestagswahl fällt, ist offen.

Dem Verfassungsschutz war Bruch einer Stillhaltezusage vorgeworfen worden

Nach dem Beschluss war ohnehin fraglich, ob Seehofer Beschwerde einlegen lässt. Das Gericht hatte sein vorläufiges Verbot damit begründet, dass der Verfassungsschutz eine abgegebene Stillhaltezusage gebrochen habe.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die Behörde hatte in dem parallelen Gerichtsverfahren zugesagt, eine mögliche Einstufung der AfD keinesfalls öffentlich bekannt zu geben. Damit sollte vermieden werden, dass die AfD während des laufenden Verfahrens im politischen Wettbewerb Nachteile erleidet. Nur unter der Bedingung dieser Zusage hatte das Gericht grünes Licht dafür gegeben, dass das BfV die Partei vorläufig mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten dürfe.

Gleichwohl war die Einstufung öffentlich bekannt geworden. BfV-Chef Thomas Haldenwang hatte sie am Morgen des 3. März den Verfassungsschutzbehörden der Länder in einer Schaltkonferenz mitgeteilt. Nahezu zeitgleich oder kurz darauf berichteten die verschiedensten Medien darüber, unter anderem „Spiegel“, „ARD Hauptstadtstudio“ sowie NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“.

Nach Ansicht der Verwaltungsrichter waren diese Berichte dem Bundesamt zuzurechnen. Die Behörde sei dafür verantwortlich, dass entsprechende Informationen „durchgestochen“ worden seien. Gleiches gelte für einen Schriftsatz der BfV-Anwälte, dem sich im Einzelnen entnehmen lasse, weshalb die Partei als extremistisch eingestuft worden sei.  

Haldenwang müsste darlegen, was er für die Geheimhaltung getan hat

Ob dies mit Wissen und Wollen der verantwortlichen Amtsträger geschah, ließen die Richter offen. Das BfV, immerhin ein Geheimdienst, habe jedenfalls „nicht hinreichend Sorge getragen“, dass diese Informationen nicht nach außen dringen können, heißt es in dem Beschluss.

In einer Beschwerde hätte das BfV wohl darlegen müssen, weshalb das Gericht hier falsche Schlüsse gezogen haben soll. Haldenwangs Behörde müsste damit offenlegen, welche Vorkehrungen zur Geheimhaltung mit Blick auf die abgegebene Stillhaltezusage getroffen worden sind.

Möglicherweise gab es diese Vorkehrungen jedoch nicht. Es sei „nicht klug gewesen“, gleich nach der Entscheidung alle Amtschefs in den Ländern über eine Videokonferenz zu informieren, hat Minister Seehofer bereits verlauten lassen. Mit anderen Worten: Das BfV hat letztlich wohl in Kauf genommen, dass die Öffentlichkeit zum Nachteil der AfD über die Einstufung informiert wird.

Oder das Amt hat dies sogar beabsichtigt. Dies alles hätte im weiteren Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen geklärt werden können. Nach Einlegung einer Beschwerde. Es ist allerdings auch nachvollziehbar, dass weder Seehofer noch Haldenwang ein Interesse daran haben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false