zum Hauptinhalt
Im Dutzend billiger? Wer als GmbH viele Wohnungen kauft, zahlt keine Grunderwerbssteuer. Ungerecht? Findet die CDU nicht.

© Bodo Marks/dpa-tmn

Kein Ende der Share Deals: Die CDU bleibt treuer Partner der Spekulanten

Share Deals bevorzugen Immobilieninvestoren auf absurde Weise. Die CDU will das nicht ändern, hat sich bei der Begründung aber selbst verraten. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Harald Schumann

Das Gleichheitsgebot hat einen hohen Stellenwert im deutschen Recht. „Wesentlich Gleiches ist gleich zu behandeln“, fordert das Bundesverfassungsgericht. Wenn der Staat sich nicht daran hält, erzürnt das die Bürger. Darum vermeiden es Politiker, auch nur den Anschein zu erwecken, sie wollten einzelne Interessengruppen Sonderrechte zubilligen.

Das gilt eigentlich auch für die CDU. Es sei denn, es geht um Immobilienspekulanten.

Für diese spezielle Klientel reklamiert Deutschlands große alte Volkspartei ein geradezu unverschämtes Privileg. Dafür nehmen die konservativen Freunde des ausgeglichenen Staatshaushalts sogar Milliardenverluste zu Lasten des Fiskus in Kauf. 

Das illustriert eine einfache Rechnung. Wer für 200.000 Euro eine Eigentumswohnung kauft, der muss, je nach Bundesland, zwischen 7000 und 13.000 Euro Grunderwerbsteuer bezahlen. In Berlin ist der Käufer mit 12.000 Euro dabei. Das ist für viele eine Stange Geld, die den Kauf einer eigenen Wohnung noch weiter erschwert. Wer dagegen mit dem Kapital von Anlegern aus aller Welt für eine Milliarde Euro 500 solche Wohnungen erwirbt, der zahlt dem Finanzamt dafür – gar nichts.

Das ermöglichen die sogenannten Share Deals. Dafür übertragen die Verkäufer ihre Immobilien auf eine GmbH, an der die Investoren sodann 94,9 Prozent der Anteile erwerben Weil sie Grundstück und Bauwerk nicht .vollständig übernehmen, fällt die Grunderwerbsteuer nicht an. Die übrigen 5,1 Prozent parken sie bei einer anderen Firma, bis sie nach fünf Jahren Haltefrist auch diesen Anteil steuerfrei übernehmen können. So geht der Fiskus leer aus. Allein dem Land Berlin entgehen damit rund 100 Millionen Euro an Steuereinnahmen jährlich.

[Wenn Sie die wichtigsten Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Schon seit zehn Jahren lamentiert die Politik über diese offensichtliche Ungerechtigkeit. Doch der Immobilienbranche gelang es stets, genügend Landesregierungen für sich einzuspannen, um im Bundesrat eine Reform auszubremsen. Dort ist sie zustimmungspflichtig, weil es sich um eine Ländersteuer handelt. Erst mit der Zuspitzung der Wohnungsmisere versprachen Union und SPD schließlich im Jahr 2017 im Koalitionsvertrag, „missbräuchliche Steuergestaltungen mittels Share Deals zu beenden“. Doch daraus wurde bis heute nichts. Dafür sorgt die CDU.

Um den Missbrauch zu beenden, müsste die steuerfreie Beteiligungsschwelle nach Meinung von Marktkennern auf 75 Prozent sinken. So will es auch die die SPD. Aber die Unionsfraktion sperrt sich und behauptet, das berge einen „möglichen Verfassungsbruch“, weil dann für den Erwerb von drei Vierteln der Immobilien 100 Prozent der Steuer anfallen würden. Das klang schon immer wie ein Vorwand, zumal sich das Problem einfach lösen ließe. Die Steuer könnte anteilig in der Höhe erhoben werden, wie der Käufer Anteile an der Firma erwirbt, der die Immobilie gehört.

Bei Ackerland-Spekulationen will man eingreifen, weil Wohnraum nicht

Aber nun stellt sich heraus, dass die Unionsabgeordneten ihr Argument ohnehin selbst nicht ernst nehmen. Denn die die Share Deals befeuern auch die Spekulation mit Ackerland, darum fordert Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CD), die 75-Prozent-Regel müsse zumindest für Agrarflächen eingeführt werden. Und prompt will die Unionsfraktion dem nun nachkommen, ganz ohne verfassungsrechtliche Bedenken. Der Steuererlass für die Spekulation mit Wohnraum soll dagegen erhalten und börsennotierte Konzerne wie die Deutsche Wohnen sollen sogar von ganz von der Steuer freigestellt werden.

Das ist „nur noch absurdes Theater“, wie die Grüne Finanzpolitikerin Lisa Paus spottet, und eine Frage zwingt sich auf: Was um Himmels Willen treibt die Christenunion dazu? Kann es damit zu tun haben, dass die wichtigsten Großspender für die Parteikasse aus der Branche kommen? Immerhin war allein der in Berlin stark investierte Immobilienunternehmer Christoph Gröner im Jahr 2020 mit 800.000 Euro dabei. Oder liegt es einfach daran, dass die Unionisten nach 16 Jahren in der Regierung ihren moralischen Kompass verloren haben?

Das ist riskant. Gerade konservative Wähler wünschen sich oft den Bau oder Kauf eines Eigenheims. Auch sie legen ganz sicher Wert auf das Gleichheitsgebot, auch bei der Besteuerung.

Zur Startseite