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Die Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU, l-r), Schleswig-Holstein, Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister und Lorenz Caffier (CDU), Mecklenburg-Vorpommern.

© Carsten Rehder/dpa

Katastrophale Zustände auf Lesbos: Drei Bundesländer wollen 175 minderjährige Flüchtlinge aufnehmen

Berlin, Niedersachsen und Thüringen wollen 175 Minderjährige von Lesbos nach Deutschland holen. Bundesinnenminister Seehofer ist aber dagegen.

Von Frank Jansen

Berlin, Niedersachsen und Thüringen wollen die Not der Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos etwas lindern. Die drei Länder planen angesichts der katastrophalen Zustände in den überfüllten Unterkünften, 175 Minderjährige unter 14 Jahren, die alleine nach Lesbos kamen, nach Deutschland zu holen. Doch die Chancen sind offenbar gering, wie sich am Freitag bei der Pressekonferenz zum Abschluss der Herbsttagung der Innenministerkonferenz (IMK) in Lübeck zeigte.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und der Sprecher der Ressortchefs aus der Union, Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU), wandten sich gegen einen humanitären Alleingang. Es könne nur eine Lösung „im europäischen Kontext“ geben, sagte Caffier.

Da sich die Flüchtlinge auf dem Gebiet der Europäischen Union befinden, halten die Minister von CDU und CSU eine nicht abgestimmte deutsche Einzelaktion für falsch. Die sozialdemokratischen Ressortchefs in Berlin, Niedersachsen und Thüringen sehen das anders.

Auf Lesbos lebten mehrere tausend Menschen „in aus Müllsäcken gebastelten Zelten und Sommerzelten“, sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). Er hatte sich im Oktober auf der Insel umgeschaut. Mehr als 1000 Flüchtlinge dort seien unbegleitete Minderjährige, die Hälfte sei keine 14 Jahre alt. Pistorius, Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) haben bereits Seehofer und Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) in einem Brief um Unterstützung gebeten.

Hilfe aus humanitären Gründen „dringend geboten, ja unerlässlich“

Die drei Ressortchefs schrieben Seehofer, sie hielten angesichts des nahen Winters eine „sehr kurzfristig greifende Hilfsmaßnahme aus humanitären Gründen für dringend geboten, ja für unerlässlich“. Im Brief wird auf den Tod eines neunmonatigen Babys verwiesen, das im November mit Symptomen von Dehydrierung verstarb.

Niedersachsen würde 100 junge Flüchtlinge aufnehmen, Berlin 50 und Thüringen 25. Die Länder wollen Minderjährige nach Deutschland holen, deren Asylverfahren „möglichst gute Chancen auf einen positiven Abschluss haben“, heißt es im Brief. Damit sind vor allem Flüchtlinge aus Syrien und ähnlich zerrütteten Ländern gemeint.

Über Parteigrenzen hinweg war bei der IMK Skepsis beim Thema Lockerung des Stopps der Abschiebungen nach Syrien zu hören. Die Minister verständigten sich darauf, die Bundesregierung solle prüfen, ob gefährliche Straftäter wie auch Flüchtlinge, die zum Urlaub nach Syrien fahren, abgeschoben werden können.

Doch am Rande der Tagung war zu hören, eine unüberwindliche Hürde sei die dann unvermeidliche Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zum mörderischen Assad-Regime. Das kommt offenbar für keinen Minister infrage. Das Auswärtige Amt schildert in einem Lagebild von Ende November grauenhafte Zustände in dem Bürgerkriegsland. Die Innenminister waren sich in Lübeck einig, den Abschiebestopp uneingeschränkt bis Juni 2020 zu verlängern.

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