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Die Linken-Bundesvorsitzende Janine Wissler beim Landesparteitag in Niedersachsen am Wochenende.

© dpa/Swen Pförtner

Update

Kampf um neuen Linken-Vorsitz: Pellmann und Schirdewan reichen Kandidatur ein

Die bisherige Linken-Chefin Janine Wissler will die Partei weiter führen. Heute bekundeten zwei weitere Politiker offiziell ihr Interesse.

Zahlen, die den Linken Hoffnung machen könnten, hat es lange nicht gegeben. In einer Umfrage gaben 18 Prozent der Befragten nun an, sie könnten sich vorstellen, die Linkspartei zu wählen. „Die Linke bleibt eine Partei mit Zukunft“, sagte Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler, der die Zahlen am Montag vorstellte. Für die Studie im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung hatte das Meinungsforschungsinstitut Kantar im April 2300 Personen befragt.

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Doch wenn es nicht um das Wählerpotenzial, sondern die tatsächliche Wahlentscheidung geht, sehen die Zahlen ganz anders aus. In den bundesweiten Umfragen der vergangenen Monate kam die Partei nicht einmal auf fünf Prozent.

Aus Schindlers Sicht ist das Ergebnis der neuen Umfrage zum Potenzial seiner Partei deshalb „nicht nur eine gute, sondern auch eine schlechte Nachricht“. Denn dies zeige, dass die Linke erheblich besser werden müsse, um ihr Potential auch wirklich auszunutzen. „Wir müssen jetzt reinklotzen und die Menschen überzeugen, die sich vorstellen können, die Linke zu wählen, damit sie es am Ende auch tun“, sagte Schindler. Von „Erneuerung“ seiner Partei spricht der Bundesgeschäftsführer.

Diese Erneuerung soll auf dem Bundesparteitag in Erfurt Ende Juni auf den Weg gebracht werden. Dort will sich die Partei zum einen auf ihre Inhalte verständigen und möglichst den lähmenden Streit vor allem in der Außenpolitik beilegen. Zugleich soll in Erfurt der Parteivorstand neu gewählt werden.

Aktueller Vorstand in der Kritik

Die Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow hatte bereits im April entnervt hingeworfen. Ihre bisherige Co-Chefin Janine Wissler machte allein weiter – und gab nun am Wochenende bekannt, dass sie beim Parteitag wieder für das Spitzenamt antritt.

Die 41-Jährige, die sich als Fraktionschefin in Hessen einen Namen gemacht hatte, gilt innerhalb ihrer Partei als nicht nur rhetorisch talentiert. Allerdings musste sie sich für die schleppende Aufklärung von #MeToo-Vorwürfen in ihrem hessischen Landesverband rechtfertigen, die Anschuldigungen richteten sich gegen ihren ehemaligen Lebenspartner. Der Landesvorstand der Partei in Hessen entschied aber nun einstimmig, Wisslers Kandidatur für den Vorsitz zu unterstützen.

Schirdewan und Pellmann erklären Kandidatur

Der sächsische Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann und der Europaabgeordnete Martin Schirdewan haben ebenfalls ihre Kandidaturen für den Parteivorsitz der Linken angekündigt. Pellmann sagte am Dienstag in Berlin, er wolle „in einer schwierigen Situation für meine Partei konkrete Verantwortung übernehmen“.

Pellmann sagte bei einer Pressekonferenz in Berlin, es gehe für die Linke künftig darum, „mehr miteinander als übereinander zu reden“. Der Bundestagsabgeordnete betonte zur inhaltlichen Ausrichtung: „Die Linke steht wie keine andere Partei für die soziale Frage“. Als weiteren Schwerpunkt nannte er, „klare Kante gegen Rechtsextreme“ zu zeigen.

Schirdewan sagte am Dienstag dem ARD-Hauptstadtstudio, es wäre ihm „eine große Ehre, wenn der Parteitag mich zum Parteivorsitzenden wählt". Die Linke befinde sich in einer schwierigen Phase. Er traue sich zu, „in einem Team, das vertrauensvoll zusammenarbeitet, die Partei aus dieser Krise zu führen“. Es gehe darum, das Profil „als moderne sozialistische Gerechtigkeitspartei wieder stärken“.

„Viele Hausaufgaben zu erledigen“

Mit Blick auf die Serie von Wahlniederlagen sagte Schirdewan: „Wir haben offensichtlich viele Hausaufgaben zu erledigen, das haben uns die Wählerinnen und Wähler gesagt.“ Gebraucht werde eine „programmatische Erneuerung" der Linken. „Das betrifft für mich vor allem die Versöhnung der sozialen und ökologischen Frage.“

Als weiteren Schwerpunkt nannte Schirdewan den digitalen Wandel aus der Perspektive der abhängig Beschäftigten und derjenigen, die sich die Teilhabe am technologischen Fortschritt nicht leisten können.

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Auch Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik müssten von der Partei neu definiert werden. „Und wir brauchen eine strukturelle Erneuerung, die unter anderem auch die bei uns aufgetretenen Sexismus-Vorwürfe aufgreift und uns wirklich erkennbar zu einer feministischen Partei machen“, fügte er hinzu.

Schirdewan ist Ko-Fraktionsvorsitzender der Linken im EU-Parlament. Der 46-Jährige wurde in Ost-Berlin geboren, arbeitete als Politikwissenschaftler und zog 2017 als Nachrücker erstmals ins EU-Parlament ein.

[Lesen Sie außerdem: „Kakophonie, Streitigkeiten und Uneinigkeit“: Die Linke bangt um ihre Existenz (T+)]

Der 45-jährige Pellmann errang bei der Bundestagswahl im vergangenen September das Direktmandat im Wahlkreis Leipzig II. Er sitzt seit 2017 im Bundestag. Der Grundschullehrer ist Ostbeauftragter der Linken-Bundestagsfraktion und Sprecher für Inklusion und Teilhabe.

Im April war Wisslers Ko-Parteivorsitzende Susanne Hennig-Wellsow nach nur 14 Monaten zurückgetreten. Als Gründe nannte sie neben privaten Motiven die gescheiterte Erneuerung der Partei und die Berichte über sexuelle Übergriffe bei der hessischen Linken.

Wissler wagte sich als erste aus der Deckung

Immer wieder hat die Parteichefin Wissler in den vergangenen Wochen betont, wie wichtig ein gutes Team an der Spitze sei. Doch nun ist Wissler die erste, die sich aus der Deckung wagt und ihre Kandidatur bekanntgibt. Obwohl am Ende der Wahlen in Erfurt wieder eine Doppelspitze stehen dürfte, warf Wissler ihren Hut schon einmal allein in den Ring.

Als Frau aus dem Westen und aus einem der wenigen Landesverbände in den alten Bundesländern, in denen die Linke überhaupt im Parlament vertreten ist, muss sie Konkurrenz kaum fürchten. Der ehemalige Parteichef Bernd Riexinger sprach sich bereits für Wissler aus – was nicht weiter überrascht. Schließlich hatten er und die damalige Co-Chefin Katja Kipping das Duo Wissler/Hennig-Wellsow vor dem Parteitag im vergangenen Jahr ins Gespräch gebracht.

Wichtiger ist da für Wissler wohl das Votum des Bundestagsabgeordneten Jan Korte. Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion wird seit Jahren selbst für höhere Ämter gehandelt und galt bisher als möglicher Nachfolger von Fraktionschef Dietmar Bartsch. „Tiptop! Finde ich gut“, schrieb Korte auf Twitter zu Wisslers Ankündigung. (AFP)

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