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Sind zurzeit keine guten Freunde: Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne).

© Wolfgang Kumm/dpa

Kampf um Klimapaket im Bundesrat: Grünes Drängeln, schwarzes Bugsieren, rotes Schweigen

Wie es im Bundesrat zum Vermittlungsverfahren beim Klima-Steuergesetz gekommen ist – und was nun auf dem Tisch liegt. Ein Überblick.

„Einstimmig“. Bundesratspräsident Dietmar Woidke hat am Freitag bei der Abstimmung im Bundesrat zu den steuergesetzlichen Regelungen im Klimapaket der Bundesregierung nicht lange zählen müssen. Die Hände waren in allen 16 Länderbänken oben, als es darum ging, das Gesetz in den Vermittlungsausschuss zu bringen.

Das Kompromissfindungsgremium von Bundestag und Bundesrat wird wohl am 10. Dezember seine Arbeit beginnen – und muss, soll das Gesetz zusammen mit den drei anderen Teilen des Klimapakets zum 1. Januar in Kraft treten, eine Woche darauf schon zu einer Entscheidung kommen.

Dass die Länder die Vermittlung anrufen würden, war klar. Alle haben ein Problem mit der Lastenverteilung. Denn das Klimapaket bringt Steuerausfälle, durch die Erhöhung der Pendlerpauschale, die Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahnfahrten, die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung. Während der Bund die eigenen Mindereinnahmen aber durch die höhere Luftverkehrsabgabe und die geplante CO2-Bepreisung im Rahmen eines Zertifikathandels gegenfinanziert, sollten die Länder auf ihren Verlusten sitzenbleiben.

„Der Bund hat zusätzliche Einnahmen, die Länder haben zusätzliche Ausgaben“ – so formuliert es der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Das Missverhältnis soll daher im „VA“ geändert werden. Dass der Bundesrat nun aber einstimmig ein breiteres Verfahren verlangt, in dem es nicht nur um die Geldverteilung gehen wird, war bis in die Nacht zum Freitag keineswegs sicher. Nun sind alle Teile des Steuergesetzes im Klimapaket wieder offen.

"CO2-Preis ist zu niedrig"

Winfried Kretschmann reicht das zwar nicht. Der Ministerpräsident aus Baden-Württemberg hätte gern mit seinen Grünen durchgesetzt, dass auch der CO2-Preis verändert wird – und zwar nach oben. „Zehn Euro je Tonne sind viel zu wenig, das sagt sogar die deutsche Metallindustrie“, sagt er.

Aber seinem Vorschlag, das Vermittlungsverfahren auf das Emissionshandelsgesetz auszudehnen, das die CO2-Bepreisung regelt, folgten nur Schleswig-Holstein und Sachsen – immerhin Länder mit CDU-Ministerpräsidenten. Was andeutet, welche Konstellationen sich auf dem Weg in dieses Vermittlungsverfahren ergaben. Während nämlich SPD und CSU kein großes Interesse haben, Zugeständnisse an die Grünen zu machen, sehen insbesondere christdemokratische Ministerpräsidenten, die mit den Grünen regieren, die Sache etwas anders.

Was den Grünen aber nicht ganz aus dem Dilemma hilft, zwar einerseits eine Veto-Position im Bundesrat zu haben (sie sitzen in zehn, demnächst elf Landesregierungen), andererseits aber in den entscheidenden, großen Streitfragen des Klimapakets nichts ausrichten zu können, weil diese nicht der Zustimmung des Bundesrats bedürfen. Bleiben also die Steuerdinge. Und da ist nicht viel zu holen, zumal es auch aus grüner Sicht nicht attraktiv ist, die Mehrwertsteuersenkung für Bahnfahrten aufzuhalten.

Drei Dinge fordern die Grünen

Was bleibt also? Tarek Al Wazir, grüner Wirtschaftsminister in Hessen, nennt drei Ziele. Zum einen wollen die Grünen versuchen, doch noch Veränderungen bei der Pendlerpauschale zu bekommen – die Erhöhung sei zu hoch, sagt er. Zudem sei die Regelung, dass die Kommunen auf Grundstücke mit Windkraftanlagen eine höhere Grundsteuer erheben dürfen, zwar gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Die Koalition hatte das als Anreiz verkauft, um Windkraft für Kommunen attraktiver zu machen – weil die Einnahmen steigen.

Doch wenn der Grundsteuersatz zu hoch wird, dann gehe es eben in die andere Richtung – die Regelung könne auch zur Windkraftverhinderung dienen, moniert Al Wazir. Drittens schlägt er vor, nicht nur für Bahnfahrten die Mehrwertsteuer auf sieben Prozent zu senken, sondern auch für Fernbusfahrten. Da hätten die Grünen sogar die Freien Demokraten mit im Boot.

Einen weiteren Punkt brachten gleich zwei Ministerpräsidenten ins Gespräch. Kretschmann und Daniel Günther, der Christdemokrat, der in Schleswig-Holstein mit den Grünen und der FDP regiert, schielen auch auf die Stromsteuer. Günther, der einen CO2-Preis von zehn Euro auch für zu niedrig hält, missfällt das gesamte Abgabensystem im Energiebereich, zu dem auch die EEG-Umlage gehört. Das dürfte für ein einwöchiges Vermittlungsverfahren aber zu viel des Guten sein.

Söder provoziert Kretschmann

Doch werden SPD und CSU abblocken, was geht. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der das Klimapaket einen „großen Wurf“ nennt, provozierte am Freitag mit der Feststellung, die große Koalition dürfe weder „Klima-Ignoranten“ noch „Klima-Ideologen“ in die Hand spielen. Diese Ineinssetzung von AfD und Grünen brachte Kretschmann zum Schäumen. Dass die SPD gar keinen Redner in der Bundesratsdebatte aufbot, lässt mit Blick auf das Vermittlungsverfahren auch tief blicken.

Und die Bundesriege der CDU wird sich nicht verkämpfen für grüne Anliegen. Allerdings hat die Bundesregierung schon ein Zugeständnis an die Länder gemacht, das der nordrhein-westfälische Regierungschef Armin Laschet im Bundesratsrund verkünden durfte. Es soll eine Nachbesserung geben, damit kleine und mittlere Unternehmen, vor allem in den Branchen Textil, Metall und Papier mit hohem Energieeinsatz, durch den nationalen Emissionshandel nicht ins Schlingern geraten und möglicherweise die Produktion verlagern.

Ein Anliegen, das auch Baden-Württemberg verfolgte. Allerdings hat die Bundesregierung ganz still und heimlich agiert, die entsprechende Protokollerklärung wurde im Bundesrat gar nicht verlesen. Kein Wunder: Denn das Zugeständnis ist auch ein Eingeständnis, dass im Emissionshandelsgesetz eine Lücke klafft. Aber dieses Gesetz soll partout nicht im Vermittlungsverfahren repariert werden dürfen.

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