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Ex-CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat ein Rezept gefunden.

© Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Kampf gegen Rechte: Ein bisschen Freiheit für die Feinde der Freiheit

Der Ex-CDU-Generalsekretär Peter Tauber will AfD-Apologeten die politischen Grundrechte kappen. Ein schlechter, weil allzu schlichter Vorschlag. Ein Kommentar.

Nein, im Fall Lübcke schlägt nicht die Stunde der Ermittler, wie Innenminister Seehofer es vorgeben wollte. Es schlägt wie stets die Stunde der Politiker. So ist der Ex-Generalsekretär der CDU, Peter Tauber, vorangeschritten und deutet mit dem Finger auf die AfD und die ihr Nahestehenden und klagt sie wegen Mitschuld am mutmaßlich rechtsextremen Mord an. Ihre entgrenzte Sprache habe der Gewalt den Weg bereitet. Die Strafe liefert er gleich mit: Der Grundgesetzartikel 18 möge aktiviert werden: die Möglichkeit, politische Grundrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit verwirken zu lassen. Die wenig bekannte Vorschrift folgt dem Schlachtruf der wehrhaften Demokratie, wonach Feinden der Freiheit keine Freiheit gebühre.

Auch die AfD kam schon auf die Idee

Überaus originell ist diese Idee nicht. Zuletzt machte die AfD selbst damit ein paar Schlagzeilchen, als sie Artikel 18 um die Verwirkung der Religionsfreiheit ergänzen wollte, um so genannten islamistischen Hasspredigern das Handwerk zu legen. Dass es daran kein Interesse gab, lag nicht nur an berechtigten Vorbehalten gegenüber der AfD, sondern auch am Artikel 18. Es gibt ein gewaltiges Arsenal an Behördenmitteln, an Sicherheits- und Strafgesetzen, die der Staat gegen Leute aufbieten kann, die ihr Rederecht zum "Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" missbrauchen, wie es der Artikel verlangt.

Der begehrte verfassungsrichterliche Ausspruch einer zumal zeitlich notwendigerweise befristeten Grundrechtsverwirkung erschöpft sich dagegen im Symbolismus. Er bindet Aufmerksamkeit und Ressourcen. Und am Ende bleibt er sogar aus, wie bisher vier Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, weil das vorgelegte Material die Sanktion nicht trägt; zuletzt gab sich das zuständige Karlsruher Gericht nicht einmal mehr die Mühe, seine Entscheidung zu begründen.

Der naive Glaube: Ein Diktator verführt die Massen

Die von Tauber geortete Wunderwaffe ist in der globalen Verfassungsgeschichte zurecht ein Einzelexemplar geblieben. Sie entspringt dem in der deutschen Nachkriegszeit gepflegten Glauben, ein brutaler Diktator haben die Massen verführt, und man müsse ihm das nächste Mal nur das Mikro abstellen, um als Gesellschaft auf dem Pfad demokratischer Tugend zu bleiben.

Damals wie heute war die Welt komplizierter, und es gibt für Missstände weit mehr Verantwortliche, als Politiker anderen Politikern an Verantwortung zuweisen. Der böse Geist, den die AfD aus der Flasche gelassen haben soll, war immer schon da. Die Partei hat ihn sichtbar gemacht und ihm eine Bühne gegeben. Kein Grundgesetzartikel schreibt dem Publikum vor, wann es sich abzuwenden hat. Das weiß es selbst, hoffentlich.

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