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Sie steht auf gegen Rassismus - und bekommt "kulturelle Aneignung" vorgeworfen.

© Reuters/Fabrizio Bensch

Kampf gegen Rassismus: Wenn Weiß-Sein zum Makel gemacht wird

Der Kampf gegen Rassismus ist für manche zum Geschäftsmodell geworden – und das bewirkt dauernden Empörungsnachschub. Das ist der falsche Weg. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Fatina Keilani

Als Liz Taylor 1963 als Königin Kleopatra im Kino zu sehen war, hat niemand die Frage öffentlich diskutiert, ob Taylor eine Fehlbesetzung ist, weil sie weiß ist. Kritisiert wurden andere Dinge – etwa wie blutleer die Liebesszenen mit Richard Burton wirkten.

Taylor und Burton verliebten sich am Set ineinander, beide waren verheiratet, nur nicht miteinander, und rissen sich offenbar extrem zusammen. Später heirateten sie.

Im Jahr 2021 wird die Frage diskutiert, ob die Israelin Gal Gadot in einer geplanten Neuverfilmung Kleopatra verkörpern darf – obwohl sie weiß ist. (Dass sie Israelin ist, hilft auch nicht gerade.) Es sei doch viel angemessener, die Rolle mit einer Afrikanerin zu besetzen.

Dabei war Kleopatra als Makedonierin im Prinzip Griechin, warum sollte sie wie eine Afrikanerin aussehen? Jedes Kind würde heute zudem sagen: „Juckt doch niemanden, ob sie weiße, braune oder grüne Haut hat, Hauptsache, sie kann die Rolle.“

Das Anprangern von Rassismus als Fulltimejob

Das deutsche Feuilleton ist aber noch nicht so weit. Aus der Mission „Rassismus bekämpfen“ haben einige Debattenteilnehmer zudem inzwischen ein privates Geschäftsmodell gemacht: sei es als Buchautorin, Ex-Journalist und Buchautor, Talkshow-Dauergast oder twitternde Vierfachmutter.

Denkt man sich das Thema Rassismus weg, etwa in der Annahme, dass diese Menschen hauptberuflich einem Tagesgeschäft nachgehen, dann bleibt nichts übrig. Es ist ihr Tagesgeschäft – das Anprangern ihrer Benachteiligung, das gezielte Suchen nach Belegen für allgegenwärtigen Rassismus, und wenn es nur so ist, dass jemand etwas zu ihren Haaren gesagt hat.

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Wer kein Opfer bringt, kann kein Freund sein

Die erwähnte Vierfachmutter forderte Weiße kürzlich auf Twitter auf, auf Jobs zu verzichten, „die rein weiß besetzt sind“, sonst seien sie keine „Ally’s“. Sie meint wohl „Allies“, also Verbündete. Das ist im Grunde Erpressung und markiert insoweit eine neue Stufe. Mit der Methode steht sie nicht alleine da.

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Verlangt wird: Weiße sollen ihre Privilegiertheit als Makel anerkennen und dafür Buße tun. Geschieht das nicht freiwillig, dann eben mit moralischem Druck. Von ihrer moralischen Überlegenheit sind die Missionare der öffentlichen Meinung völlig überzeugt. Und deshalb können selbst jene Weißen, die reinen Herzens und guten Willens sind, nichts richtig machen.

Weiße können es kaum richtig machen

Als im Sommer trotz Corona Tausende nach dem Tod des schwarzen Amerikaners George Floyd demonstrieren gingen, ging ein Pressefoto durch die Blätter. Es zeigte eine blonde Frau auf der Demo, die eine Maske mit „I can’t breathe“ trug. Das waren Floyds letzte Worte, bevor er, bäuchlings auf den Boden gedrückt, unter dem Knie eines US-Polizisten erstickte.

Sie steht auf gegen Rassismus - und bekommt "kulturelle Aneignung" vorgeworfen.
Sie steht auf gegen Rassismus - und bekommt "kulturelle Aneignung" vorgeworfen.

© Reuters/Fabrizio Bensch

Nun lautete der Vorwurf: kulturelle Aneignung! Diese Weiße verhöhne das Leid der Schwarzen, von dem sie eigentlich keine Ahnung habe und das sie sich nicht zu eigen machen dürfe, praktisch reiße der Unterdrücker nun auch noch das Leid, das er selbst erzeugt habe, an sich. Dabei war die Frau aus redlichen Motiven gekommen: Sie wollte gegen Rassismus demonstrieren.

Weiße dürfen es aber nicht richtig machen, denn dann bliebe der Empörungsnachschub aus und das schöne Geschäftsmodell wäre kaputt. Dabei übersehen die – sich marginalisiert fühlenden – Ankläger, dass sie sich auf diese Weise auch selbst ausgrenzen, indem sie keine Gleichberechtigung für sich anstreben, sondern eine Sonderstellung, die sie unangreifbar macht.

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