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Ein französischer Soldat in der Sahel-Zone

© Reuters/Benoit Tessier

Kampf gegen Islamisten in Afrika: Macron rüstest in der Sahel-Zone auf

Im Sahel-Gebiet häufen sich die Angriffe von Terrorgruppen. Frankreichs Präsident Macron und afrikanische Staatschefs handeln nun – und suchen Partner.

Im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen im Sahelgebiet haben Frankreich und verbündete afrikanische Länder einen Kurswechsel vollzogen. Der Kampf werde auf das besonders gefährdete Grenzgebiet zwischen Mali, Burkina Faso und Niger konzentriert, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montagabend nach einem Gipfel mit mehreren Amtskollegen aus der Sahelregion im südwestfranzösischen Pau. Der Hauptfeind sei dort die Terrorgruppe Islamischer Staat Große Sahara, ein Ableger der Terrormiliz IS.

Der Gipfel verständigte sich auf eine „Koalition für das Sahelgebiet“. Dieser würden auch andere Partner angehören. Die fünf beteiligten Länder der Region billigten ausdrücklich, dass Frankreich militärisch dort weiter engagiert bleibt. Mancherorts hatte es zuvor antifranzösische Ressentiments gegeben. „Wir haben keine Wahl: Wir brauchen jetzt Ergebnisse“, sagte Macron. Er kündigte an, dass er 220 zusätzliche Soldaten in die Region schicken werde.

Der 42-Jährige hatte die Kollegen, unter ihnen Ibrahim Boubacar Keita aus Mali, eingeladen, um den Anti-Terror-Kampf zu verstärken. Im westafrikanischen Mali waren Ende November 13 französische Soldaten bei einem Hubschrauberunfall ums Leben gekommen, sieben von ihnen waren in Pau am Fuße der Pyrenäen stationiert. Zur G5-Gruppe gehören außer Mali auch Niger, Burkina Faso, Mauretanien und der Tschad.

Frankreich hat schon mehr als 4000 Soldaten in Westafrika

Macrons Gipfel wurde belastet von einem schweren Angriff mutmaßlich islamistischer Extremisten im westafrikanischen Niger. Dabei waren in der vergangenen Woche 89 Soldaten getötet worden, zudem starben 77 Angreifer. Die Regierung in Niamey kündigte drei nationale Trauertage an.

Der Gipfel sollte ursprünglich bereits im Dezember stattfinden, war dann aber wegen eines schweren Anschlags im Niger verschoben worden, damals starben 71 Soldaten. Die frühere Kolonialmacht Frankreich ist in Westafrika massiv vertreten: Bei der Anti-Terror-Mission „Barkhane“ sind bisher rund 4500 Soldaten im Einsatz. Der 42-Jährige hatte zwar nach dem Tod der französischen Soldaten den gefährlichen Einsatz öffentlich in Zweifel gezogen, dann aber zugesichert, sein land werde weiter gegen dschihadistische Terroristen kämpfen.

Macron will nun verstärkt Partner finden, um dem Terrorismus die Stirn zu bieten. Auch dies ist ein heikles Thema. So schlug Deutschland Bitten um Beteiligung an einem Einsatz europäischer Spezialeinheiten für den Kampf gegen Islamisten in Mali bereits zwei Mal ab. Nach Informationen des französischen Enthüllungsblatts „Le Canard Enchaîné“ signalisierten bisher lediglich Estland, Belgien, Dänemark und Tschechien, dass sie mitziehen wollen. Macron lobte explizit die Zusammenarbeit mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) - beide hatten sich beim G7-Gipfel in Biarritz im August für eine internationale Partnerschaft für mehr Sicherheit und Stabilität in der Sahelzone stark gemacht.

Macron will insbesondere die Europäer in die Pflicht nehmen, deshalb waren EU-Ratschef Charles Michel und UN-Generalsekretär Antonio Guterres zum Dinner in Pau eingeladen. Sorge herrscht in Paris wegen der Amerikaner: Das US-Verteidigungsministerium erwägt nach einem Bericht der „New York Times“ vom Dezember, in Westafrika eingesetzte Spezialeinheiten zu vermindern oder ganz abzuziehen. Er hoffe, dass er seinen US-Kollegen Donald Trump überzeugen könne, Truppen in der Sahelregion zu lassen, sagte Macron.

Fast täglich gibt es Anschläge

In den Staaten der Sahelzone - einem Gebiet, das sich südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer erstreckt - sind etliche bewaffnete Gruppen aktiv. Einige haben den Terrorgruppen Islamischer Staat oder Al-Kaida die Treue geschworen. Besonders von Anschlägen betroffen waren in den vergangenen Monaten die Nachbarstaaten Niger, Mali und Burkina Faso, aber auch Nigeria. Trotz Militärpräsenz etlicher internationaler Mächte verschlechtert sich die Lage stetig: Die Zahl der Angriffe durch Extremisten hat sich laut der Denkfabrik Africa Center for Strategic Studies seit 2015 jedes Jahr verdoppelt, 2019 waren es rund 700.

Die Terrorgruppen profitieren bei ihren mittlerweile fast täglichen Anschlägen von regionalen ethnischen Spannungen, die sie instrumentalisieren. Den Extremisten spielen auch andere Faktoren in die Hände: Die Sahel-Staaten sind mit die ärmsten der Welt, mit hohem Bevölkerungswachstum und schlechtem Zugang zu Bildung und Gesundheit. Die Regierungen haben oft in den wüstenhaften Weiten außerhalb der Städte wenig Kontrolle; neben den Dschihadisten nutzen dies auch kriminelle Netzwerke und Menschenschmuggler aus.

Mitte Dezember hatten die Sahel-Staaten von den Vereinten Nationen ein stärkeres Mandat für die seit 2013 in Mali stationierte UN-Mission zur Stabilisierung des Landes (Minusma) gefordert. Sie gilt bisher als weitgehend wirkungslos im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen in Region. In Mali sind auch bis zu 1100 Bundeswehrsoldaten im Einsatz. Sie sind Teil der Minusma sowie der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) stellte Ende Dezember in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ die Frage, ob die Bundeswehr nicht „ein robusteres Ausbildungsmandat“ brauche. (dpa)

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