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Bundesfinanzminister Olaf Scholz.

© John Thys/AFP

Kampf gegen illegale Beschäftigung: Olaf Scholz rüstet den Zoll auf

Schwarzarbeit, Steuerbetrug, Tagelöhner-Börsen, erschlichenes Kindergeld - der Bundesfinanzminister will dagegen angehen und tausende Stellen schaffen.

Olaf Scholz rüstet auf: Der Finanzminister und Vizekanzler will stärker gegen illegale Beschäftigung, Steuerbetrug und Sozialleistungsmissbrauch vorgehen und daher die Zollpolizei deutlich verstärken. Nach den Plänen des SPD-Politikers soll dafür vor allem eine Sondereinheit namens Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) deutlich aufgestockt werden und zusätzliche Befugnisse erhalten, um sie schlagkräftiger zu machen.

Es gehe darum, "für mehr Ordnung und Fairness auf dem Arbeitsmarkt zu sorgen", sagt Scholz. Illegale Beschäftigung schade den Steuerzahlern, den ehrlichen Unternehmern und auch den ausgenutzten Arbeitnehmern, vor allem Ausländer aus Osteuropa, weil diese weder Arbeitsschutz hätten noch den Mindestlohn bekämen. Ein ganzes Bündel von Maßnahmen hat Scholz in einem Gesetzespaket versammelt, das Ende des Jahres ins Kabinett kommen soll.

Die Aufstockung der Stellen beim Zoll ist schon im Koalitionsvertrag vorgesehen. Vor allem die Zahl der Mitarbeiter der FKS soll nach der bisherigen Finanzplanung von 7500 bis 2026 auf 10.000 Mitarbeiter erhöht werden. Scholz will nun aber noch "mehrere tausend Stellen" zusätzlich schaffen. Da er den Gesamtschaden aus illegaler Beschäftigung und Betrug auf mehrere Milliarden Euro schätzt, verstärkte Kontrollen also zu Mehreinnahmen führen dürften, könnte sich der Ausbau des Zolls daraus finanzieren lassen. Im vergangenen Jahr summierten sich die durch den Zoll aufgedeckten Fälle Scholz zufolge auf eine Milliarde Euro, die "Dunkelziffer" hält er für deutlich höher.

Organisierte Kriminalität auf dem Bau

Ein Punkt im Maßnahmenkatalog ist ein stärkeres Vorgehen gegen organisierte Kriminalität bei Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung, nicht zuletzt im Baugewerbe mit seinen oft undurchsichtigen Subunternehmenskonstrukten. Gegen den offenbar verbreiteten "geschäftsmäßig organisierten Betrug mit fingierten Zahlungen" für nicht erbrachte Leistungen soll der Zoll mehr Ermittlungs- und Prüfbefugnisse bekommen, auch bei der Überwachung von Telekommunikation. Das Erstellen von Scheinrechnungen soll künftig eine Ordnungswidrigkeit sein. Da illegale Beschäftigung oft online organisiert wird, soll künftig auch eine Verfolgung möglich sein ohne Kenntnis des konkreten Arbeitsorts – bisher eine Voraussetzung.

Ähnlich sieht der Vorstoß gegen die "Tagelöhner-Börsen" oder das vor allem in Großstädten bekannte Phänomen des "Arbeiterstrichs" aus. Dort bieten zugewanderte Arbeitskräfte sich für Tagesjobs zu geringen Löhnen an. Bisher gilt hier, dass der Zoll erst eingreifen kann, wenn der Niedriglohnjob ausgeübt wird. Künftig soll schon die Anbahnung unterbunden werden können, indem solche Ansammlungen an Straßenrändern als Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eingestuft werden und Platzverweise möglich sein sollen.

Schärfere Regeln

Gegen ausbeuterisches Verhalten von Unternehmern soll der Zoll künftig besser vorgehen können, indem schon der "Verdacht auf Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel" genügt, um zu ermitteln. Zudem wird das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz auf das Sicherheitsgewerbe ausgedehnt, mit der Folge, dass Arbeitszeiten dort genauer dokumentiert werden müssten. Der Zoll soll auch Unterkünfte von Arbeitskräften überprüfen dürfen, im Rahmen der sogenannten Betretensrechte, die Aufsichtsbehörden haben. Scholz weist den Eindruck zurück, dass es um Durchsuchungen gehe, welche dem Richtervorbehalt unterliegen.

Auch den Missbrauch von Sozialleistungen will Scholz eindämmen. Dazu soll die Behördenkooperation verbessert werden. Der Zoll hat demnach künftig die Möglichkeit, bei Kontrollen auch Anhaltspunkte zu prüfen, ob unberechtigt Kindergeld bezogen wird, um es dann den Familienkassen melden zu können. Diese sollen dann schon bei "Zweifeln am Vorliegen eines rechtmäßigen Anspruchs" die Zahlung vorläufig einstellen können. An EU-Bürger wird Kindergeld in den ersten drei Monaten nur noch gezahlt, wenn Einkünfte in Deutschland nachgewiesen werden. Um Vortäuschung zu bekämpfen, soll der Zoll prüfen dürfen, ob Arbeitsverträge tatsächlich erfüllt werden. Hier setzt Scholz allerdings zum Teil nur um, was nach EU-Recht längst möglich gewesen wäre.

Und eine Weile wird es noch dauern, bis der Zoll die gewünschte Schlagkraft auch haben wird. Denn viele Stellen sind derzeit unbesetzt, und der Nachwuchs muss erst noch ausgebildet werden. Doch hofft der Minister auf "Nebeneffekte" - dass also schon die ausgeweiteten Kontroll- und Ermittlungsmöglichkeiten als Drohkulisse reichen, um Missbrauch eindämmen zu helfen.

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