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Jugendliche haben in einer Abstimmung entschieden.

© dpa/Sebastian Gollnow

Jugendwort des Jahres: Das Jahr, in dem die Jugendlichen lost, cringe und wyld sind

"Jugendwort des Jahres"? Erbarmen. Unser Kolumnist macht sich Gedanken über die Unsitte, eine überkommene Aktion wiederzubeleben.

Erinnert sich hier noch jemand an „I Bims“, das Flaggschiff der Vong-Sprache? Nein? Und wie ist es mit dem „Smombie“, dem Untoten am Smartphone? Eben. Denn es waren Begriffe wie diese, die der Aktion „Jugendwort des Jahres“ den Ruf eingetragen haben, dass ihre Gewinnerworte entweder komplett irrelevant oder komplett erfunden seien.

Als dann 2019 der Pons-Verlag die Konkurrenz Langenscheidt übernahm und deren Aktion versenkte, war unter Sprachfreunden ein heimeliges Seufzen zu hören. Endlich!

Zu früh gefreut. Das Jugendwort ist wieder da, und es wird nicht mehr von einer Jury vergeben, sondern in einem mehrstufigen Online-Verfahren ermittelt, an dem jeder teilnehmen kann. Wer dieses seltsame Internetz ein wenig kennt, war nicht überrascht, als die Aktion von einer Gruppe gekapert wurde, die sich mit allen Tricks für „Hurensohn“ als Jugendwort des Jahres 2020 einsetzte.

Diese PR-Panne wurde vom Verlag später erkannt und mit dem Versprechen geheilt, dass der Hurensohn ins gedruckte Jugendwörterbuch aufgenommen werde, nur eben ohne Ranking und höhere Weihen.

Diese bleiben nun drei Wörtern vorbehalten, die sich der deutsche Sprachraum mit einem gewissen Befremden anschauen wird: 1. lost. 2. cringe und 3. wyld/wild.

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Seniorenwort des Jahres: Krass?

Ist es also am Ende wirklich so, dass nicht mehr nur berufsjugendliche Account Manager, sondern alle unter 25 ihre Sprache mit englischen Vokabeln zerschießen und das auch noch feiern lassen? (AfD: Bitte hier aufregen!)

„Lost“ übrigens (48 Prozent Zustimmung) steht für einen Zustand der Ahnungslosigkeit und Überforderung, „cringe“ ist etwas Peinliches oder Unangenehmes, und „wyld“, auch „wild“, wird als Wort für etwas „Krasses oder Unangenehmes“ beschrieben.

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Tja, 2020 eben, da ist es wirklich kein Wunder, dass das Positive unterwegs auf der Strecke geblieben ist. Aber reden Jugendliche nun wirklich so, oder haben sie einfach nur was angekreuzt?

Kleiner Tipp an die Älteren: Versuchen Sie gar nicht erst, diese Wörter in Ihren Sprachgebrauch aufzunehmen, das wäre einfach zu peinlich. Vielleicht wählen wir zum Ausgleich das Seniorenwort des Jahres? „Krass“ und „cool“ wären heiße Favoriten.

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