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Bundesjugendministerin Franziska Giffey warnt vor rechter Hetze im Internet

© imago/Ralph Peters

Jugendschützer warnen vor Hetze im Netz: Agitation für Naziterror

Bundesjugendministerin Franziska Giffey sieht ein "Alarmzeichen": der Bericht von jugendschutz.net über Rechtsextremismus im Internet zeigt die Verrohung

Von Frank Jansen

Rechtsextremisten versuchen zunehmend, über das Internet Minderjährige anzulocken. „Ob in sozialen Netzwerken, auf Youtube oder in der digitalen Spielewelt: Kinder und Jugendliche sind heutzutage ganz selbstverständlich im Netz unterwegs – umso erschreckender ist es, wie leicht sie von Rechtsextremisten kontaktiert und geködert werden können“, sagte Bundesjugendministerin Franziska Giffey (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung des Lageberichts „Rechtsextremismus im Netz 2018/2019“. Der Report sei „ein Alarmzeichen, gerade auch in Zeiten von Corona“, betonte Giffey.

"Direkter Zugang in die Kinderzimmer"

Über das Internet könne sich die Szene mit Verschwörungstheorien und Fake News „nahezu ungehindert direkten Zugang in die Kinderzimmer verschaffen“. Die Ministerin will das Jugendschutzgesetzes noch in diesem Jahr „reformieren“, um die Gefahr einzudämmen.
Den Lagebericht wurde von „Jugendschutz.net“ erstellt, dem gemeinsamen Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Jugendschutz im Internet. Im Themenfeld Rechtsextremismus wurden für die vergangenen zwei Jahre mehr als 1400 Verstöße bei Youtube, Facebook, Twitter, Instagram und anderen Anbietern registriert. Meist handelte es sich um Verwendung von Nazi-Symbolen und Volksverhetzung. „Jugendschutz.net“ konnte in 80 Prozent der Fälle eine Löschung oder Sperrung erreichen.

Jude als Hassfigur mit Pistole am Kopf

Im Bericht wird rechtsextreme Hetze exemplarisch vorgeführt. So kursiert auf der von Rechtsextremisten schon lange genutzten Plattform „vk.com“ ein comicartiger Aufruf zu Gewalt gegen Juden. Unter der Überschrift „Juden raus“ wird ein betont hässlich dargestellter Mann mit Schläfenlocken gezeigt, von hinten hält ihm ein Arm mit eintätowiertem Hakenkreuz eine Pistole an den Kopf. Auf der ebenfalls einschlägig bekannten Plattform „8chan“ wird Hass gegen Homosexuelle propagiert – bewaffnete Männer, deren Köpfe durch das Totenkopfsymbol der SS ersetzt sind, zielen in einer Bildmontage auf eine Versammlung von Menschen mit mehreren Regenbogenfahnen.

Katalysator für rechten Terror

„Jugendschutz.net“ warnt auch davor, dass der Hass im Netz ein Katalysator für rechten Terror sei. Genannt wird die Online-Hetze gegen den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, den im Juni 2019 mutmaßlich der Neonazi Stephan Ernst erschoss. Lübcke wurde seit 2015 wegen seines Engagements für Flüchtlinge angefeindet. Auch nach dem Mord „posteten Rechtsextreme den Mord verherrlichende Inhalte“, schreibt „Jugendschutz.net“.

Im NSU-Verfahren läuft Frist für schriftliches Urteil ab

Unterdessen wird im NSU-Verfahren die Zeit knapp für den 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München. Die Richter müssen bis kommenden Mittwoch das schriftliche Urteil gegen Beate Zschäpe und die Mitangeklagten vorlegen. Dann läuft die Frist von 93 Wochen nach der mündlichen Urteilsverkündung am 11. Juli 2018 ab. Die Frist ist gestaffelt berechnet über die 438 Prozesstage seit Beginn der Verhandlung im Mai 2013. Der Senat verurteilte Zschäpe wegen Mittäterschaft bei den zehn Morden und weiteren Verbrechen des NSU zu lebenslanger Haft, die weiteren vier Angeklagten erhielten Strafen zwischen zweieinhalb und zehn Jahren.

Es droht die Wiederholung des Prozesses

Alle Verteidiger legten Revision ein, im Fall des Angeklagten André Eminger auch die Bundesanwaltschaft. Der Angeklagte Carsten S. zog die Revision zurück und verbüßt seine Strafe von drei Jahren. Nach Informationen des Tagesspiegels werden die Richter das schriftliche Urteil offenbar in letzter Minute vorlegen. Klappt es nicht, bestünde die Gefahr, dass der Prozess wiederholt werden muss.

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