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Während der Coronapandemie stehen die Diskokugeln still. 

© dpa

Jugendliche als Treiber der Pandemie: Generation Corona-Sünder? Was für ein Bullshit!

Wieso soll eine Jugend Verständnis für eine Welt aufbringen, die ihnen alles nimmt, worauf sie sich gefreut hat. Ein Zwischenruf.

Ein Zwischenruf von Lorenz Maroldt

Ob es denn wirklich zu viel verlangt ist von der Jugend, sich jetzt mal vernünftig zu verhalten, fragen viele Ältere und mokieren sich über den angeblichen Egoismus einer ganzen Generation.

Was für eine Frage. Ja klar ist das zu viel verlangt, was für eine Anmaßung. Vor allem ist es zu viel von der Jugend verlangt, auch noch Verständnis aufzubringen für den Bullshit, der über sie verbreitet wird.

Und zwar vor allem von Leuten, die entweder vergessen haben, wie es ist jung zu sein, oder die überhaupt nie jung waren, oder, am allerschlimmsten: die meinen, nur ihre eigene Jugend sei die einzig richtige gewesen.

Und wieso eigentlich soll eine Jugend Verständnis aufbringen für eine Welt, die ihnen alles nimmt, worauf sie sich gefreut hat? Auf achtzehnte Geburtstage, auf Auslandsjahre, auf Abi-Feiern, auf alles, was Spaß macht?

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Kleinbus voller „Querdenker“ verantwortungsloser als die komplette Jugend der Welt

Die umzingelt ist von Leuten, die sie entweder für verantwortungslose Virenschleudern halten oder, auch das gibt’s, sie ungefragt als arme Opfer umarmen. Was für eine Erniedrigung, als unfreiwilliges Mitglied einer „Generation Corona“ seziert zu werden, und pauschal schwerste physische, psychische und materielle Schäden attestiert zu bekommen.

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Dabei ist schon ein einziger Kleinbus voll selbsternannter „Querdenker“ verantwortungsloser als die komplette Jugend der Welt zusammen. Und eine Ministerpräsidentenrunde mit Kanzlerin ist im Kopf konfuser, als ein vollgekokster Rave in der Hasenheide je sein könnte.

Sonst kümmert es die Leute doch auch nicht, was für Sorgen, Nöte und Probleme die Jugend hat. Jetzt gibt’s plötzlich eine fürsorgliche Belagerung einerseits und eine denunziatorische Schuldzuweisung andererseits. Das zu verstehen, ist echt zu viel verlangt.

Und dazu kommt diese irre Wende innerhalb weniger Wochen.

Erst sollte die Jugend die Welt retten, am besten im Alleingang, aber bitte nur Freitags, weil die Alten, also alle ab 30 und vor allem die Boomer in ihren späten Fünfzigern, das Klima vollends versaut haben mit ihren rücksichtslosen Wohlstandsallüren.

Auf Mami pfeifen - und das ist gut so!

Da haben sich viele rangewanzt an die ach so vernünftige Jugend und sich Absolution erhofft auf den Sofas der Selbstzufriedenheit, nach dem Eltern-Großeltern-Motto: Was haben wir da für tolle Kinder großgezogen, das haben wir ja mal wieder super gemacht.

Und auf einmal soll die Jugend am Weltuntergang schuld sein, nur weil sie das tut, was die Jugend schon immer gemacht hat: einfach mal drauf pfeifen, wenn Mami sagt, sie sollen sich brav die Händchen waschen, das Feiern auf später verschieben und beim Sex ein steriles Ganzkörperkondom tragen, so als wären sie gerade auf dem Weg in den OP.

[Mehr zum Thema: Corona-Partys und Krawallnächte - sind Jugendliche heute besonders rücksichtslos?]

Nicht mal der gestreckte Mittelfinger ist der Berliner Jugend geblieben, das macht der Senat ja jetzt auch noch selbst.

Das alte Motto zur neuen ist der lustvolle Schlachtruf „No Future“. Die Jugend hat noch fast ein ganzes Leben zu verlieren, nicht nur einen immer kleiner werdenden Rest.

Hört endlich auf, an die Vernunft der Jugend zu appellieren

Und nichts ist so schal wie eine lebenslange Revival-Party voller Bauchansätziger, die nie das Original erlebt haben - und die auch kein Problem mit der Sperrstunde um 23 Uhr haben, weil sie immer schon um acht hacke sind. Die Jugend steht nun mal später auf, das ist alles.

Also, liebe Oldies: Hört endlich auf, an die Vernunft der Jugend zu appellieren. Erstens nutzt das nichts, hat es noch nie, und zweitens hat die Jugend auch schon so kapiert, was alles auf dem Spiel steht - für sich und auch für andere. 

Schützt euch lieber selbst vernünftig, anstatt immer anderen die Schuld zu geben an einer Situation, für die alle verantwortlich sind, generationsübergreifend. Und für das verlorene Corona-Jahr haben eigentlich alle zwischen 15 und 25 eine Entschädigung verdient. Für die Partys danach.

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