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Josef Schuster ist seit November 2014 Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland.

© Mike Wolff

„Judas Watch“: Zentralrat der Juden fordert Sperrung von antisemitischer Website

Ein mutmaßlich österreichischer Judenhasser bedroht Prominente im Netz. Seine Website ist indiziert, aber wieder online. Josef Schuster will das nicht hinnehmen.

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Die Bedrohung schien im Januar verschwunden zu sein, jetzt ist sie wieder da. Die antisemitische Website „Judas Watch“ listet steckbriefartig und international Juden sowie nicht-jüdische Politiker, Parteien, Flüchtlingshelfer, Künstler, Journalisten und weitere Personen auf, die wegen „Multikulturalismus, Kulturmarxismus, Feminismus, Kommunismus“ und anderer „Leistungen“ angeprangert werden. Betroffen ist auch der Tagesspiegel. Jüdische Namen sind mit einem gelben Davidstern markiert, ähnlich dem vom NS-Regime zur Stigmatisierung eingesetzten Judenstern.

Angela Merkel als Zielscheibe von Hass

Genannt werden in den mehr als 1800 Einträgen bei „Judas Watch“ unter anderem, und mit Foto, Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen ihrer Flüchtlingspolitik, Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wegen Äußerungen gegen Pegida und der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster – weil er Jude ist. Und weil er Pegida als brandgefährlich bezeichnet hatte. In einer Grafik werden Verbindungen Schusters zu prominenten Juden weltweit gezeigt. Schuster verlangt nun von Politik und Behörden eine harte Antwort auf die Hetze bei „Judas Watch“.

Auf der Homepage werde „nicht nur das antisemitische Stereotyp einer jüdischen Weltverschwörung geschürt, sondern es werden einzelne Personen an den Pranger gestellt“, sagte Schuster am Mittwoch dem Tagesspiegel. Auch wenn die Seite keine direkten Aufrufe zu Gewalt enthalte, „müssen alle aufgeführten Personen damit rechnen, zur Zielscheibe von Hass und womöglich sogar Anschlägen zu werden“. Schuster fordert, die zuständigen Behörden müssten „mit aller Dringlichkeit prüfen, wie diese Seite dauerhaft gesperrt werden kann“.

Generalstaatsanwalt in München ermittelt wegen Volksverhetzung

Das scheint allerdings schwierig zu sein. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) hatte „Judas Watch“ im Januar auf den Index der jugendgefährdenden Medien gesetzt. Obwohl der Anbieter der Website nicht zu ermitteln war, tauchte „Judas Watch“ dennoch von Mitte Januar an für mehrere Wochen ab. Vermutlich habe der Betreiber über Berichte in der Presse mitbekommen, dass sich Strafverfolgungsbehörden mit der Seite befassen, sagt BPjM-Chefin Martina Hannak-Meinke. Seit einigen Tagen ist die Website allerdings wieder erreichbar. Mit geringen Änderungen. Es ist jetzt nicht mehr von „anti-weißen Verrätern“ die Rede, doch die manisch anmutende Sammlung von Steckbriefen wird weiter präsentiert.

Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt in dem Fall seit August 2019 gegen Unbekannt, wegen des Verdachts auf Volksverhetzung. Sicherheitskreise vermuten, ein Rechtsextremist aus Wien sei für „Judas Watch“ verantwortlich. Die Generalstaatsanwaltschaft sagt nur, mit den österreichischen Behörden finde ein „Informationsaustausch“ statt.

Ob Josef Schuster mit seiner Forderung Erfolg hat, „Judas Watch“ dauerhaft zu sperren, bleibt offen. Eine „eventuelle Abschaltung“, sagt die Generalstaatsanwaltschaft, richte sich „nach US-amerikanischem Recht und wäre von den dortigen Behörden vorzunehmen“. Die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, die sich auch mit dem Fall befasst, steht in Kontakt mit der US-Behörde Federal Communications Commission. Sie überwacht die Einhaltung inhaltlicher Standards bei Telemedien.

Der Fall zeige eindrücklich, "wieviel Zeit uns ein Verfahren kostet, dessen Regeln aus einer anderen Zeit stammen", sagt der Direktor der Landesanstalt, Tobias Schmidt. "Der Anbieter kann nicht eindeutig zugeordnet werden und der Provider hat seinen Sitz außerhalb der EU." Es wäre schon hilfreich, betont Schmid, "wenn wir die Möglichkeit hätten, die technische Verbreitung in Deutschland oder der EU unmittelbar zu unterbinden".

Sicherheitskreise betonen,, in den USA sei die Meinungsfreiheit weiter gefasst als in Deutschland. Neonazis können straflos Hakenkreuze zeigen und den Holocaust leugnen. Eine Abschaltung von „Judas Watch“ über die USA sei „langwierig“, heißt es. Das klingt nicht so, als könnte die Hetze bald enden.

Festnahme wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat

Unterdessen geht die Generalstaatsanwaltschaft München auch dem Verdacht auf rechten Terror mit mutmaßlicher Verbindung in die USA nach.

Am 5. Februar nahm die Polizei im Landkreis Cham einen 22-Jährigen fest, der eine „schwere staatsgefährdende Gewalttat“ vorbereitet haben soll. Sicherheitskreise zählen den Mann zur „Feuerkrieg Division“, die auch schon Anschläge in den USA geplant haben soll.

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