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Journalisten-Bespitzelung: Geheimdienstchef unter Druck

Die Affäre um die Überwachung einer "Spiegel"-Journalistin bringt den Bundesnachrichtendienst (BND) in Bedrängnis: Im Parlamentarischen Kontrollgremium wurde jetzt offenbar der Rücktritt von BND-Chef Uhrlau gefordert.

Der Bundesnachrichtendienst unter Druck: Wegen der Überwachung einer "Spiegel"-Reporterin wächst die Kritik an Geheimdienst-Chef Ernst Uhrlau. In der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) des Bundestages wurden nach Informationen der Nachrichtenagentur ddp am Mittwoch Forderungen nach einem Rücktritt Uhrlaus laut. Das Vertrauen der PKG-Mitglieder in den Geheimdienstchef sei wegen der Abhöraffäre "parteiübergreifend nachhaltig erschüttert". Die Sitzung des Kontrollgremiums soll am Donnerstag fortgesetzt werden.

Nach Angaben des "Spiegel" hat der BND in der Zeit vom 7. Juni bis zum 29. November 2006 die elektronische Korrespondenz einer Reporterin mit einem afghanischen Politiker mitgeschnitten. Uhrlau hatte die Journalistin selbst am vergangenen Freitag informiert und für die Bespitzelung um Entschuldigung gebeten. Bereits 2006 war aufgedeckt  worden, dass der für die Auslandsaufklärung zuständige Nachrichtendienst jahrelang illegal Journalisten im Inland observiert und andere als Spitzel in der Medienbranche eingesetzt hatte.

Parteiübergreifende Empörung

Nach der Sitzung betonte Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele: "Ohne personelle Konsequenzen kommen wir nicht aus." Die Verantwortung für die Vorkommnisse sei eindeutig zuzuordnen, deswegen könne man diese auch einklagen.

Der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), attackierte den Geheimdienst scharf. Wenn Uhrlau etwas von dem Vorgang gewusst habe, sei das ein Skandal. Wenn er nichts davon gewusst habe, sei das ebenfalls ein Skandal. Das Vertrauen in die Arbeitsweise des BND sei beeinträchtigt - die Empörung über den Umgang der Geheimdienste mit dem Parlament parteiübergreifend. "Diese unerträgliche Geheimnistuerei" müsse aufhören, forderte Uhl.

Reform der Geheimdienstkontrolle gefordert

Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer und PKG-Vorsitzende Thomas Oppermann sagte, die Geduld mit dem BND gehe "auch mal zu Ende". Er betonte: "Wir werde darauf dringen, dass Journalisten nicht beobachtet werden". Ebenso wie Uhl nannte Oppermann eine Reform der parlamentarischen Kontrolle des BND "dringender denn je". Einen Rücktritt Uhrlaus lehnten beide in Stellungnahmen vor der PKG-Sitzung allerdings ab.

Der FDP-Sicherheitspolitiker Max Stadler zeigte sich von dem Vorfall "zutiefst beunruhigt". Der Geheimdienst sei in einer "Vertrauenskrise". Nach seiner Einschätzung sind Union und SPD nun dazu bereit, die Kompetenzen des Parlamentarischen Kontrollgremiums zu erweitern. Die FDP sei schon lange der Meinung, dass angesichts der erweiterten Befugnisse der Geheimdienste auch die Kontrolle verbessert werden müsse, betonte Stadler. Der BND habe die Grundrechte der Bürger zu beachten. Deshalb müsse alles getan werden, damit sich ein solcher Vorgang nicht wiederholt. (jam/ddp/dpa/AFP)

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